
Dortmund. Der BVB lockt mit seiner Aktion „Alle in die Halle“: besondere Marke für Handballerinnen vor Union-Spiel. BVB-Idole kriegen Grenzen aufgezeigt.
Der Tag begann mit einem Knall. Bereits für 11.40 Uhr war das erste Halbfinale über 1500 Meter bei Deutschen Hallenmeisterschaft der Leichtathletik angesetzt. Der Startschuss war symbolisch für einen besonderen Sporttag in Dortmund. Denn während sich in der Helmut-Körnig-Halle in unmittelbarer Stadionnähe das ganze Wochenende über die besten Leichtathleten des Landes messen, hatte Borussia Dortmund zusätzlich am Samstag mit der Aktion „Alle in die Halle“ seine Fans vor der Bundesligapartie gegen Union Berlin (18.30 Uhr) zuvor noch zum European-League-Spiel seiner Handballerinnen gegen Sola HK aus Norwegen aufgerufen. Und dann spielten plötzlich auch noch die beiden Ex-BVB-Profis Roman Weidenfeller und Kevin Großkreutz Tischtennis.
Ehe es dazu kam, lieferten aber zunächst die fleißigen Zeiten-, Höhen- und Weitenjäger ab. So flog noch vor Anpfiff der Dortmunder Handballerinnen Bianca Stichling (TSV Bayer Leverkusen) zu ihrem zweiten Hallen-Titel. In Abwesenheit von Topfavoritin Christina Honsel (TV Wattenscheid), die wegen einer Fußverletzung fehlte, sprang die 25-Jährige erstmals seit 2022 wieder ihre persönliche Bestleistung von 1,90 Metern und setzte sich gegen die favorisierte Imke Onnen (Cologne Athletics), die über die gleiche Höhe mehr Versuche brauchte, durch. In der gut gefüllten Halle (Maximum 4500 Zuschauer) jubelten die Fans bei Pommes-Currywurst auf den Rängen, honorierten persönliche Bestleistungen, auch wenn sie keine Titelchance bedeuteten. Ein echtes Fachpublikum.

Bianca Stichling (Leverkusen) sicherte sich den deutschen Meistertitel in der Halle im Hochsprung.
© dpa | Bernd Thissen
Dass die Leichtathletik seit einigen Jahren mit einem Nachwuchsproblem kämpft, war in Dortmund nicht zu spüren. Viele Kinder und Jugendliche flitzten in T-Shirts ihrer Heimatvereine herum, schauten die Wettkämpfe und gingen auf Autogramm- und Fotojagd bei ihren Helden. Wünsche, die die Athleten gerne erfüllten.
BVB-Fanartikel der Handballerinnen
Auch außerhalb der Halle kam es gelegentlich zu besonderen Begegnungen. Da waren die Athleten, die mit dicken Kopfhörern auf den Ohren, ihr Aufwärmprogramm absolvierten, dabei aber ersten mitunter neugierig schauenden Fans mit schwarzgelben Schals ausweichen mussten. Ihre Blicke fragten: Was ist denn hier los? Auf der anderen Seite wussten zumindest einige DM-Besucher: „Ach, der BVB spielt ja.“ Und das gleich doppelt.
Dass an Spieltagen der Dortmunder die Strobelallee für Autos gesperrt ist, schien einige Leichtathletik-Fans überrascht zu haben: Das Ordnungsamt hatte ab Mittag reichlich mit dem Abschleppen falsch geparkter Autos zu tun. Während die schwarzgelbe Welle an der Stadionstraße gegen 14 Uhr noch nicht angerollt war, wog sie bereits kräftig, wenn man die paar Meter zur Westfalenhalle hinter sich ließ. Neben ersten Getränke- und Imbissbuden gab es auch Fanartikel zu kaufen. Jedoch: nicht nur mit den Namen der Fußballer, sondern auch mit extra Handball-Branding.
BVB-Prominenz unterstützt
„Das haben sie clever gemacht“, sagte ein Besucher des Handballspiels, „dass sie das vor das Fußballspiel gelegt haben.“ Schon 2023 hatte der BVB die gleiche Aktion umgesetzt – mit Erfolg: 11.112 Zuschauer kamen – Rekord für die Handballerinnen. Auch diesmal ließen die Gespräche erkennen, dass viele in schwarzgelber Tracht, das Angebot annahmen und ihren Verein gleich doppelt unterstützen.
Während sich dort, wo sonst vor allem Konzerte stattfinden, die Handballerinnen um Nationaltorhüterin Sarah Wachter warmmachten, wurden ein paar prominente Besucher vorgestellt. BVB-Präsident Reinhold Lunow, die Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Carsten Cramer gaben sich ebenso die Ehre wie die Ex-BVB-Profis Roman Weidenfeller und Kevin Großkreutz.

BVB-Prominenz bei den Handballfrauen: Präsident Reinhold Lunow, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Carsten Cramer, Geschäftsführer Marketing sowie Ex-Torwart Roman Weidenfeller (von links).
© Jürgen Fromme / firo Sportphoto | Jürgen Fromme
„Ich finde es mega, dass es uns immer wieder gelingt, als Borussia Dortmund die Menschen zu begeistern – nicht nur drüben im Stadion, sondern eben auch zu anderen Anlässen. Wir sind ja auch mehr als nur ein Fußballverein. Wir sind ein Verein, der Handball und Tischtennis anbietet“, sagte Cramer. „Immer dann, wenn Schwarz-Gelb ruft, dann haben die Menschen Bock auf den BVB. Und das ist eine schöne Bestätigung.“
BVB: „You‘ll never walk alone“ auch beim Handball
Die große Lust auf den BVB war deutlich zu erkennen – schwarzgelb prägte das Bild auf den Rängen – und zu hören: Mit diversen Vereinshymnen sangen sich die Anhänger prächtig warm fürs Stadion. Wie später nebenan wurden zu „You’ll never walk“ vorab die Schals gezückt, Tore wurden mit „Heja, BVB“ gefeiert. Und davon gab es beim Handball naturgemäß mehr als beim Fußball.

Wie beim Fußball: Die Fans sorgten bei den BVB-Handballerinnen für Stadionatmosphäre.
© Jürgen Fromme / firo Sportphoto | Jürgen Fromme
Direkt vom Start weg hatten die Dortmunderinnen die Fans hinter sich, begeisterten mit Spiellust und Power. Als dann mit der Halbzeitsirene der Ball zum 19:14 im Tor landete, kochte die Halle.
Früherer Tischtennis-Weltmeister düpiert BVB-Idole
In der Pause zeigte der BVB dann, was er noch zu bieten hat: Die Tischtennis-Mannschaft war zu Gast. An einem fluchs aufgebauten Tisch zeigten die Bundesliga-Profis ihr Können – und ließen selbst zwei Dortmunder Fußballidole alt aussehen. 2014 gehörten Roman Weidenfeller und Kevin Großkreutz zum deutschen Weltmeisterkader, nun war es der ehemaliger Doppel-Weltmeister Kristian Karlsson (33) aus Schweden, der zur neuen Saison zum BVB wechselt und die beiden genauso wie seine zukünftigen Teamkollegen mit seinen Aufschlägen zur Verzweiflung brachte.
Der Ehrgeiz war geweckt. Doch Chancen hatten die beiden Ex-Profis nur, als sie gegeneinander spielten – sehr zur Unterhaltung der Fans auf den Rängen. Nach ein paar Minuten klatschten sich die Sportler lachend ab. Nun sollte der Handball wieder im Fokus stehen.
BVB: Handballerinnen liefern sich spannendes Match
Eine allzu dominante Leistung zeigten sie in Hälfte zwei jedoch nicht. Vielmehr ging es mitreißend hin und her. Trainer Henk Groener rotierte in dem sportlich bedeutungslosen Spiel – beide Teams hatten keine Chance mehr auf den Einzug ins Viertelfinale –, plötzlich kamen die Gäste aus Norwegen heran, glichen aus. Der BVB konnte sich bei seiner nach einer Verletzung zurückgekehrten Torhüterin Tess Lieder bedanken, die einen ähnlich starken Auftritt hinlegte wie Sarah Wachter in Durchgang eins.

Großer Jubel bei den BVB-Handballerinnen nach dem Sieg in der Westfalenhalle.
© Jürgen Fromme / firo Sportphoto | Jürgen Fromme
Es wurde eine enge Kiste, die am Ende knapp, aber spannungsgeladen mit 29:28 für die BVB-Frauen gewonnen wurde. Die bedankten sich im Anschluss bei den 9.305 Fans in der Westfalenhalle. Laut BVB war es das bestbesuchteste Frauen-Handballspiel weltweit im Jahr 2025. „Danke an alle Zuschauer für diese Kulisse. In dieser Saison haben wir es schon häufiger zum Ende hin spannend gemacht. Ich bin froh, dass wir uns diesen Sieg noch erkämpfen konnten“, sagte Alicia Langer.
Während die Spielerinnen Arm in Arm im Kreis hüpften und sich von den Fans feiern ließen, dröhnten über die Lautsprecher weitere BVB-Hits. „Borussia spielt heut ganz groß – bis zum letzten Mann“, erklang es. Eine perfekte Vorlage an die Fußballer nebenan – die erfüllten ihren Auftrag und besiegten Union Berlin fulminant und dank Vier-Tore-Mann Serhou Guirassy mit 6:0.