Rangnick sticht in Wunde: Die fiese Klopp-Keule trifft den BVB bis ins Mark

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Das BVB-Debakel in Bochum wirkt in Dortmund nach. Denn besonders Ralf Rangnicks Kritik am BVB hat eine nie verheilte Wunde wieder aufgerissen. Seit dem Abgang von Jürgen Klopp taumelt der Verein Jahr für Jahr weiter in die Krise hinein.

Ausgerechnet Jürgen Klopp! Als Ralf Rangnick am Wochenende bei Bild-TV den Auftritt von Borussia Dortmund beim VfL Bochum am Samstagnachmittag im Ruhrstadion mit vernichtenden Worten einordnete, stach der österreichische Nationaltrainer mit seiner Kritik am BVB (un-)bewusst tief in eine nie verheilte Wunde: “Gehen wir mal in die Zeit zurück, in der der BVB am erfolgreichsten war in den letzten 20 Jahren. Das waren die sieben oder acht Jahre unter Jürgen Klopp.”

Es waren in der Tat goldene, unvergessene Zeiten für Borussia Dortmund. Und auch wenn sie es beim BVB nicht mehr hören können: Diese Zeit wirkt immer noch nach! Da kann die Person Jürgen Klopp als neuer Repräsentant von Red Bull bei den eingefleischten Fußballfans noch so sehr in Ungnade gefallen sein, die Erfolge bei und mit Borussia Dortmund sind in die schwarz-gelbe Fanseele tief eingebrannt. Und so schmerzen die völlig richtigen und nachvollziehbaren Worte von Ralf Rangnick umso mehr!

“Damals hat man von Anfang an in der Kaderzusammenstellung darauf geachtet, dass die Spieler zu der gewünschten Spielweise von Jürgen Klopp passen. Damals gab es drei Entscheider, die auch nach außen hin die Entscheider waren mit Aki Watzke, mit Michael Zorc und mit Jürgen Klopp. Und in jedem Transferfenster hat man diesen Kader zusammengestellt, der dann am Ende zweimal deutscher Meister und Pokalsieger wurde.” Der österreichische Nationaltrainer spricht mit seiner Kritik am BVB einen ganz wunden Punkt an. Denn seit dem Abgang von Jürgen Klopp – der mittlerweile fast zehn lange Jahre zurückliegt – hat die Borussia nicht nur eine ganze Reihe von Trainern verschlissen, sondern vor allem auch eine eigene Idee vom Fußball vermissen lassen. Die “Marke” BVB gebe es so nicht mehr, sagte Rangnick deshalb völlig zurecht.

“Fixpunkt einer Spielidee nicht mehr verfolgt”

Als Thomas Doll damals im Jahr 2008 das letzte Mal vor Jürgen Klopp als Coach des BVB seine Mannschaft im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg auf den Platz laufen ließ, standen Spieler wie Marcel Höttecke, Antonio Rukavina, Martin Amedick, Giovanni Federico oder auch ein Florian Kringe für die Borussia auf dem grünen Rasen. Und anders als viele es heute in Erinnerung haben: Der Stuhl von Manager Michael Zorc wackelte zu dieser Zeit gewaltig. Denn dem Kader, den der ehemalige BVB-Spieler zusammengestellt hatte, fehlte über Jahre hinweg genau das, was Ralf Rangnick aktuell auch wieder moniert – eine echte Idee: “Wie wollen wir eigentlich spielen? Wie wollen wir auftreten? Wie wollen wir wahrgenommen werden? Da kann man den Spielern nicht den Vorwurf machen. Sondern das liegt daran, dass über Jahre hinweg dieser Fixpunkt einer Spielidee nicht mehr verfolgt worden ist.”

Die Fehler der Vergangenheit haben sich von Trainerwechsel zu Trainerwechsel immer weiter verschärft. Gefühlt kommt der BVB deshalb seit Jahren aus dem Krisenmodus nicht mehr heraus. Echte Glücksgefühle, wie man sie in den Klopp-Jahren regelmäßig gewohnt war, stellen sich bei den BVB-Fans nur noch selten ein. Und die “Vollgas-Veranstaltungen”, die Jürgen Klopp damals bei seinem Antritt versprach und hinterher auch präsentieren durfte, gibt es bei Borussia Dortmund nur noch äußerst selten. Seit dem Ausscheiden des langjährigen Erfolgstrainers im Sommer 2015 wird viel mehr über das Thema “Mentalität” gesprochen. Dass diese häufig genug fehlt, macht den BVB-Offiziellen große Sorgen – auch wenn sie öffentlich nur ungern über dieses Problem sprechen.

Zum Autor

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  • Sein aktuelles Werk ist “Das neue Buch der Fußballsprüche” mit weit über 10.000 Sprüchen aus der bunten Welt des Fußballs.

  • Mit seinen Fußballprogrammen ist er deutschlandweit unterwegs. Infos & Termine auf www.scudetto.de.

Die Borussia der letzten Jahre lebte davon, dass man immer wieder Ausnahmekönner wie Jude Bellingham, Ousmane Dembélé, Erling Haaland oder auch einen Jadon Sancho verpflichten konnte. Spieler, die auf dem Platz überzeugten und später bei ihrem Verkauf dem BVB eine ganze Menge Geld einbrachten. Nicht ganz zu Unrecht hat Uli Hoeneß diese Strategie von Borussia Dortmund einst kritisiert: “Wenn Dortmund einen hochtalentierten Spieler kauft und er gut spielt, kann man wenige Monate später entweder aus dem Klub selbst oder von außerhalb hören, dass er irgendwann ein Verkaufsobjekt darstellen wird.” Doch zur Verteidigung des BVB muss man sagen: Finanziell hat sich dieses Modell des “Ausbildungsvereins” ausgezahlt.

Neuer Mega-Transfer?

Sportlich allerdings stand diese Strategie schon immer auf äußerst wackligen Füßen. Denn in die Zukunft gerichtet war diese Idee noch nie. Die Fluktuation war stets einfach zu groß. Und auch jetzt hat es den Anschein, als ob Borussia Dortmund nicht ganz unglücklich darüber ist, dass mit Jamie Gittens medial wieder ein neuer Megatransfer durchdiskutiert wird. Denn das Geld wird der BVB bitter gebrauchen können. Schließlich würde es an ein Wunder grenzen, wenn die Mannschaft in diesem momentanen Zustand noch die Qualifikation für die Champions League schaffen sollte.

Zwanzig Jahre nach dem Start von Aki Watzke als Geschäftsführer von Borussia Dortmund steht der Klub sportlich wieder einmal am Scheideweg. Und man muss kein Prophet sein, um nüchtern festhalten zu können: In der aktuellen Konstellation wird der BVB eine fulminante Kehrtwende – zurück zu einem Verein mit einer schlüssigen Idee und einer nachvollziehbaren Gesamtstrategie – nicht hinbekommen. Es wird wohl eines weiteren Glücksgriffs, wie damals mit Jürgen Klopp, bedürfen, damit die Borussia endgültig wieder in die Spur kommt. Bis dahin heißt es für die BVB-Fans warten. Ralf Rangnick wenigstens ist wohl frühestens erst nach der WM 2026 wieder auf dem Markt!



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