Nach Pokal-Aus muss bei Werder Bremen alles auf den

Nach Pokal-Aus muss bei Werder Bremen alles auf den
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Fußball-Profi Leonardo Bittencourt gehört nicht zu den Lieblingen der Werder-Fans, aber er wird diese Woche viel Zustimmung bekommen: Denn der erfahrene Mittelfeldspieler hat nach dem Aus im DFB-Pokal und der nächsten schwachen Leistung Klartext gesprochen. Er spricht vielen Fans aus der Seele. Und was ihn aufregt, wirft kein gutes Licht auf den Zustand des Bremer Bundesligisten.

Der größte Kritikpunkt: Fußball zum Abgewöhnen. Selbst gegen einen Drittligisten wie Arminia Bielefeld war kein Klassenunterschied zu sehen, im Gegenteil: Werder war nie Herr des Geschehens, konnte den Gegner weder einschnüren noch müde spielen. Bittencourt ätzte über die Versuche, in der ersten Halbzeit „irgendwelche Räume“ finden zu wollen, statt sich den limitierten Drittligisten zurechtzulegen und einfachen Fußball zu spielen. Der Unterton ist nicht zu überhören und trifft ins Schwarze: Viel zu oft geht es bei Werder um das Bespielen von Halb- und Zwischenräumen, und immer öfter geht das auf dem Platz schief. Ob es Überforderung ist oder fehlender Wille: Das Spiel wirkt planlos und gehemmt. Es ist kein Zufall, dass von den vergangenen neun Pflichtspielen acht nicht gewonnen wurden – bei desolaten 2:13 Toren aus den jüngsten vier Begegnungen. Vom eigenen Anspruch, Menschen begeistern zu wollen, hat sich Werder weit entfernt.

Ob Werder Spiele gewinnt oder verliert, hängt derzeit nicht von der Qualität des Gegners ab. Bremen verliert gegen Bayern wie gegen Bielefeld, weil es im Team nicht stimmt. Bittencourt nennt als Beispiel Derrick Köhn, dessen spielerischen Defizite durch sein Verhalten bei der Auswechslung noch in den Schatten gestellt wurden: Statt bei einem 1:2-Rückstand vom Feld zu spurten, fummelte er erst an seinem Tapeverband herum und fing sich einen Rüffel von Bittencourt ein, der später wütete: „Ich weiß nicht, was in manchen Köpfen los ist.“ Er werde da jetzt gegensteuern, „und entweder marschieren die Jungs mit, oder wir gehen unter“.

Solche Worte lassen befürchten, dass Werder die Kontrolle über die Mannschaft verloren hat. Jetzt zeigt und rächt sich, dass ein Kader mit wenigen Anführern geformt wurde, aber mit vielen Individualisten, die sich teils überschätzen oder auf eigene Rechnung spielen – in den schlimmsten Fällen beides. Wenn es läuft, wie vor Weihnachten, dann fügt sich das gut zusammen, dann können alle glänzen. Läuft es nicht, bricht alles auseinander.

In Bittencourts Schilderungen klingt Werders Kabine wie eine Wohlfühloase, in der einfach immer alles gut sei. Aber er werde „da jetzt drüber rasieren“. Kann man das deutlicher sagen? Bei solchen Worten kann man die Risse in der Mannschaft fast hören.

Wenn Ole Werner jetzt nicht handelt, wann dann? Geredet wurde genug.

Doch die Einstellung ist nur das eine, auch die Aufstellung und die fußballerischen Ansätze gehören auf den Prüfstand. Muss ein Erstligist gegen einen Drittligisten, der einen wuchtigen Angreifer hat, wirklich an der Dreier- oder Fünferkette festhalten? Muss man positionsgetreu wechseln, wenn es nicht läuft, oder ist es besser, die Statik des Spiels zu verändern und den Gegner damit zu (über)fordern? Sollten Werder-Profis einen ruhenden Ball über vier Meter zum Mann bringen können? Sollten sie am eigenen Strafraum auf keinen Fall ins Dribbling gehen? Sollten sie bei einem Konter besser nicht frontal in die Hände des Torwarts laufen? Für sich genommen sind das alles Kleinigkeiten, so nannte es Abwehrchef Niklas Stark, aber in der Summe ächzt Werder gerade unter der Gesamtlast der Unzulänglichkeiten.

Die Europapokalplätze sind verspielt, der Pokaltraum ist geplatzt, der Schaden ist groß. Und der Abstand zum Tabellenkeller schmilzt. Die Schlüsselfrage lautet: Sorgt Trainer Ole Werner für die Wende? Ein neuer Trainer würde gewiss viele Dinge korrigieren, die sich verselbstständigt haben. Werner hat sich ein hohes Ansehen erarbeitet, und er ist Pragmatiker: Wenn er jetzt nicht handelt, wann dann? Geredet wurde genug. Dass Werder auf dem Platz echte Veränderungen braucht, ist unstrittig. Die Fehlentwicklung ist in ihrer Rasanz erschreckend.

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