
Ralf Rangnick hätte in diesem Winter auch Trainer von Borussia Dortmund werden können. Er entscheidet sich anders. Aus gewichtigen Gründen, wie er nun verrät. Die Krise des Klubs hat für ihn einen langen Vorlauf.
Ralf Rangnick hat in der sportlichen Krise von Borussia Dortmund die Kaderplanung des Klubs kritisiert. Der österreichische Nationalcoach war vor der Verpflichtung von Niko Kovac selbst ein Trainerkandidat beim BVB gewesen und sagte in der Sonntags-Sendung „Bild Sport“ bei WELT im TV: „Man hat nicht das Gefühl, dass als Überschrift steht: Wie wollen wir eigentlich spielen? Wie wollen wir auftreten? Wie wollen wir wahrgenommen werden? Da kann man den Spielern nicht den Vorwurf machen. Sondern das liegt daran, dass über Jahre hinweg dieser Fixpunkt einer Spielidee nicht mehr verfolgt worden ist.“
Der 66 Jahre alte Rangnick sagte in den vergangenen Monaten sowohl Borussia Dortmund als auch dem FC Bayern München ab, um in Österreich zu bleiben. Die Krise der Dortmunder hat seiner Meinung nach einen langen Vorlauf.
„Gehen wir mal in die Zeit zurück, in der der BVB am erfolgreichsten war in den letzten 20 Jahren. Das waren die sieben oder acht Jahre unter Jürgen Klopp“, sagte Rangnick. „Damals hat man von Anfang an in der Kaderzusammenstellung darauf geachtet, dass die Spieler zu der gewünschten Spielweise von Jürgen Klopp passen. Damals gab es drei Entscheider, die auch nach außen hin die Entscheider waren mit Aki Watzke, mit Michael Zorc und mit Jürgen Klopp. Und in jedem Transferfenster hat man diesen Kader zusammengestellt, der dann am Ende zweimal deutscher Meister und Pokalsieger wurde.“
Damals sei der BVB „tatsächlich eine Marke“ gewesen, so Rangnick. „Jetzt haben sie den zehnten oder zwölften Trainer, seit Jürgen Klopp nicht mehr da ist. Aber man hat einfach nicht mehr stringent nach irgendeiner vorgestellten Spielweise den Kader zusammengestellt.“
Schlechtester Liga-Start für BVB-Trainer seit 41 Jahren
Auch Fußball-Experte Dietmar Hamann hat die BVB-Profis angesichts der nächsten Enttäuschung schwer kritisiert und personelle Konsequenzen gefordert. „Die Dortmunder spielen wie eine Jugendmannschaft. Professionalität, Seriosität, Leidenschaft – nicht zu sehen“, sagte der frühere Nationalspieler nach dem 0:2 beim VfL Bochum als Sky-Experte: „Alles, was Grundvoraussetzung sein sollte, das zeigen sie nicht. Die brauchen keinen Trainer, die brauchen einen Zauberer.“
Als Tabellenelfter hat der BVB bereits acht Punkte Rückstand auf den angestrebten Champions-League-Platz. Auch der Wechsel von Trainer Nuri Sahin zu Niko Kovac hat bislang keine Besserung gebracht, auch wenn die Dortmunder in der Champions League vor dem Einzug ins Achtelfinale stehen.
Hamann kritisierte besonders Julian Brandt und attestierte dem 28-Jährige eine „unterirdische“ Leistung. „Der ist jetzt Ende 20, ewig im Verein und einer der Spieler, an denen du dich aufrichten musst“, sagte Hamann. „Du musst irgendwann mal den Spielern wie Brandt oder Marcel Sabitzer sagen: ,Es ist genug‘ und diese Spieler ersetzen. Es geht nicht anders.“
Für Kovac war es die zweite Niederlage im zweiten Ligaspiel als BVB-Trainer. Die ersten beiden Bundesliga-Partien als Coach der Dortmunder verlor zuletzt Timo Konietzka im August 1984.
Hamann sieht für die Westfalen die Notwendigkeit, den Kader deutlich zu verändern. „Wenn es nicht geht und wenn keine Besserung in Sicht ist, musst du irgendwann mal einen Schnitt machen“, sagte der 51-Jährige. „Vor dieser Entscheidung stehen sie jetzt bei sechs bis acht Spielern. Das mag teuer werden, vor allem wenn du nicht in die Champions League kommst. Aber mit der Truppe, so wie die zusammengestellt ist, ist Hopfen und Malz verloren.“
pk