Werder Bremen in der Krise: Weisers Treffer als

Werder Bremen in der Krise: Weisers Treffer als


Es waren bitterliche Tränen gewesen, die Mitchell Weiser in der vergangenen Woche geweint hatte. Kurz nach dem Abpfiff in Bielefeld konnte er sie nicht mehr zurückhalten, wischte sich noch auf dem Rasen mehrfach durch die feuchten Augen. In jenem Moment, in dem unweigerlich feststand, dass ein großer Traum geplatzt war und die ganze Schwere dieser Erkenntnis schmerzlich in die Glieder sickerte. Viel zu simpel war die Chance auf das Endspiel in Berlin hergegeben worden, weil beim SV Werder Bremen gerade nichts so läuft, wie es soll. Das Pokal-Aus tat weh, nicht nur ihm. „Für uns alle ist es gerade einfach nicht schön, das macht uns alle traurig und wütend“, sagte Weiser nun mit ein paar Tagen Abstand. Da hatte der 30-Jährige gerade den nächsten sportlichen Schlag in die Magengrube zu verkraften, denn mit seiner Mannschaft hatte er auch gegen Wolfsburg in der Liga verloren. Zwar hatte Weiser dabei mal wieder ein Tor erzielt, doch auch diese Partie zeigte abermals, dass es dem Rechtsaußen genauso geht wie manch anderem Kollegen im Team: Das Selbstverständnis ist nicht da, die Topform ein gutes Stück entfernt. Nur wenn das einem Mitchell Weiser passiert, dann trifft es Werder ganz besonders hart.

Weiser erhält Zuspruch von Sportchef Fritz

„Ich habe mich für ihn gefreut, dass er das Tor macht, auch wenn es uns am Ende keine Punkte mehr gebracht hat“, sagt Fußball-Chef Clemens Fritz im Gespräch mit unserer Deichstube. „Mitch ist ein unheimlich ehrgeiziger Spieler, für den die vergangenen Wochen auch nicht einfach waren. Ein persönliches Erfolgserlebnis kann da helfen, um sich Selbstvertrauen zurückzuholen.“ Zuletzt war es vor allem die Unzufriedenheit, die wuchs. Weiser war oft dabei zu sehen, wie er an der Seitenlinie lamentierte, verzweifelt die Arme hob, den Kopf schüttelte oder gar abwinkte. Zuletzt war die Körpersprache wieder deutlich besser, insofern stellte die Wolfsburg-Partie eine deutliche Steigerung da – nicht nur, aber auch wegen seines Treffers.

Zu einem Lächeln reichte das beim gebürtigen Troisdorfer aber nicht. „Das war auf jeden Fall mal ein besseres Spiel von uns – vom Einsatz, von den Chancen her, die wir herausgespielt haben“, gab er zu Protokoll. „Aber es war zu wenig.“ Mitchell Weiser hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er groß denkt, viel erreichen möchte. Im Verein, gern auch noch bei der algerischen Nationalmannschaft. Doch das ist ein anderes, nicht minder kompliziertes Thema. Eines, das ihn zusätzlich belastet? Möglich. Grundsätzlich erweckt der Rechtsfuß allerdings nicht den Eindruck, sich mit zu vielen Nebenthemen zu befassen. Was in den sozialen Medien rund um Werder und seine Person passiert, ist ihm relativ egal, auch Zeitungsartikel studiert er nach eigener Aussage nicht großartig, wenn sein Name mal etwas größer gespielt wird. Er will einfach kicken. Möglichst gut. Und mit ambitionierten Zielen.

Im vergangenen Sommer hatte Weiser seinen Vertrag an der Weser verlängert, als nicht unwahrscheinlich war, dass er womöglich noch einmal ein anderes Abenteuer in Angriff nehmen würde. Weil er sich selbst eigentlich in anderen sportlichen Sphären als im grauen Mittelfeld oder gar Abstiegskampf der Bundesliga verortet. So hatte Weiser auch einmal über seinen von einigen Selbstzweifeln begleiteten Wechsel zum damals noch in der 2. Bundesliga spielenden SVW gesagt: „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es so schön wird.“ Unter Trainer Ole Werner, den er für sich persönlich als „absoluten Glücksfall“ bezeichnet, nahm Weisers Karriere wieder Fahrt auf, Werder setzte mehr und mehr auch spielerische Akzente auf dem Platz. Das gefiel ihm. „Wir hacken nicht rum, wir ergaunern uns nichts“, fasste es der Flügelspieler einmal zusammen. Wer diese Worte wirken lässt, versteht umso besser, wie groß die Wut und der Schmerz aktuell für ihn sein müssen, dass es in Bremen nicht mehr läuft.

Anspruch und Realität klaffen auseinander

Am Engagement mangelt es Mitchell Weiser nicht. Mit ganz seltenen Ausnahmen versucht er immer, dem Spiel wichtige Impulse zu geben – nur verrannte er sich dabei zuletzt auch häufiger. Weil es in der Mannschaft insgesamt hakt, die nötige Unterstützung mitunter fehlt. Oder wie es Milos Veljkovic, der schon einige grün-weiße Täler durchschritten hat, am Samstag ganz treffend formulierte: „Die letzten Wochen, das waren nicht wir. Das war nicht Werder Bremen – das war nicht wie in der Hinrunde.“ Anspruch und Realität klaffen derzeit ordentlich auseinander, diese Lücke gilt es zu schließen. Für die Mannschaft im Allgemeinen und jeden Spieler im Speziellen.

Mitchell Weiser hat mit seinem Treffer womöglich einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht, sich das besagte Selbstbewusstsein portionsweise zurückgeholt. „Manchmal geht das auch über Kleinigkeiten. Deshalb können wir aus dem Wolfsburg-Spiel auch insgesamt positive Elemente mitnehmen“, meint Clemens Fritz. „Sicherlich war die Mannschaft anfangs verunsichert, und da hat das frühe Gegentor nicht geholfen. Danach haben wir uns aber Lösungen erarbeitet und ein gutes Spiel gemacht. Was uns noch fehlt, ist die Effizienz. Insgesamt war es für mich trotz des Ergebnisses ein Schritt nach vorne.“

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