Unverblümte Selbstkritik: BVB-Neuzugang bleibt unter Erwartungen

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Borussia Dortmund hofft nach dem 6:0 gegen Union Berlin auf die Wirkung einer Initialzündung. Das gilt auch für Pascal Groß ganz persönlich.

Dortmund – Dass Pascal Groß beim Kantersieg von Borussia Dortmund über Union Berlin am Samstag trotz vier Torvorlagen das Rampenlicht teilen musste, passt ins Bild. Weil Serhou Guirassy vier der sechs Tore des BVB gegen indisponierte Köpenicker erzielte, stand der Stürmer noch stärker im Mittelpunkt als sein an diesem Abend kongenialer Vorlagengeber.

Ein Lautsprecher ist Groß keineswegs, die Blütezeit seiner Karriere hat er beim international wenig beachteten Premier-League-Klub Brighton & Hove Albion verbracht. So ist der Eindruck entstanden, beim Mittelfeldmann handle es sich um einen Spätzünder, weil er erst im fortgeschrittenen Fußballer-Alter zu ganz hohen Weihen gekommen ist.

Pascal Groß bisher beim BVB auch unter den eigenen Erwartungen

Der gebürtige Mannheimer machte sein erstes von inzwischen zwölf Länderspielen für den DFB im September 2023 mit 32 Jahren, erst vor der laufenden Saison hat Groß mit dem Wechsel nach Dortmund den Weg zu einem anerkannten Top-Klub gefunden.

Tatsächlich wussten nicht nur die Bundestrainer Hansi Flick und Julian Nagelsmann schon zuvor um seine Qualitäten, auch unter Fachleuten wurde Groß schon jahrelang hoch bewertet. Und so war sein Wechsel zum BVB durchaus mit hohen Erwartungen verknüpft. Da kam immerhin ein äußerst gestandener, über Jahre in der Premier League gestählter Profi nach Dortmund.

Serhou Guirassy und Pascal Groß teilten sich das Rampenlicht beim Kantersieg des BVB gegen Union Berlin.
Serhou Guirassy und Pascal Groß teilten sich das Rampenlicht beim Kantersieg des BVB gegen Union Berlin. © IMAGO/Bahho Kara

Klar, dass Groß in einer Führungsrolle gesehen wurde und als Leistungsträger eingeplant war. Diesen Anspruch hat der 33-Jährige noch nicht regelmäßig rechtfertigen können. „Ich habe mir persönlich mehr vorgenommen für die Saison. Dass wir als Mannschaft besser dastehen, dass ich einen großen Einfluss habe. Da ist in beiden Punkten noch Luft nach oben“, gestand Groß nun ehrlich in der BVB-Talksendung ‚Brinkhoff’s Ballgeflüster‘.

Groß ist ein erster Gewinner unter BVB-Trainer Niko Kovač

Immerhin: Der Trend geht in die richtige Richtung. Groß kann als Gewinner des Trainerwechsels von Nuri Şahin zu Niko Kovač gelten. Während der Ex-Coach den Nationalspieler immer wieder in der Startelf hin- und herschob, ihn notgedrungen oft als Rechtsverteidiger einsetzte, wo seine Tempodefizite zum Vorschein kommen, hat der Nachfolger auf dem Trainerposten eine klare Rolle für Groß festgelegt.

„In der Verteidigung spielt er auf der Doppelsechs, wenn wir angreifen ist er auf der Acht. Er hat die Übersicht, die Ruhe am Ball, das Auge für den Mitspieler. Das ist genau der Pascal, den wir uns alle wünschen und er selbst auch“, geriet Kovač nach der Gala gegen Union ins Schwärmen.

Wegen Fan-Choreo: Schlotterbeck ahnte BVB-Gala voraus

Groß verriet in der Talksendung dabei ein simples Rezept für den besten BVB-Auftritt seit Monaten. „Was ich besonders fand, war die Aktion der Fans vor dem Spiel am Samstag. In einer schwierigen Phase, wie sie uns da unterstützt haben. Schlotti [Nico Schlotterbeck, Anm. d. Red.] kam beim Warmmachen zu mir und hat gesagt: Pascal, die machen heute eine Choreo. Wenn das so ist, hauen wir die Gegner immer weg“, schmunzelte Groß.

Der Push durch den eigenen Anhang war sicher ein Balsam für die BVB-Profis, denen in der laufenden Saison immer wieder Verunsicherung anzumerken ist. „Ich bin der Meinung, dass der Kopf im Sport eine extreme Rolle spielt. Das hat man bei uns gesehen, wenn wir in Lissabon oder jetzt gegen Union in Führung gehen, das zweite, dritte Tor nachlegen können, dann löst sich viel und wir spielen deutlich besser. Das muss man im Optimalfall auch hinbekommen, wenn ein Spiel bei 0:0 losgeht“, weiß Groß.

Groß tritt als Mahner beim BVB auf

Ob die Selbstverständlichkeit nun endlich zurück ist, muss der BVB nach dem 6:0 gegen Union erst beweisen. Typisch für die Saison wäre ein Rückfall beim FC St. Pauli am Wochenende. „Ich hatte das Gefühl diese Saison schon des Öfteren, dass ich dachte, jetzt wird es besser. Deswegen muss ich sagen und habe ich zu den Jungs gesagt: Es war ein Supertag, ein 6:0 ist nicht selbstverständlich in der Bundesliga, aber wir müssen jetzt einfach weitermachen“, betonte Groß.

Die mangelnde Konstanz ist dabei selbstredend auch ein Thema in der Kabine. „Das ist eine Qualität, die wir vermissen lassen in der Saison, alle drei Tage gut zu spielen. Das ist der Unterschied zu den ganz großen Mannschaften, das haben wir bisher nicht hinbekommen, und das muss der Anspruch für die letzten Monate sein“, forderte Groß von sich und den Kollegen.

Groß: „Dankbar, dass ich in Dortmund spielen kann“

Die These, dass der BVB deutlich besser dastünde, wenn er mehr reflektierte Vollprofis wie Groß im Kader hätte, ist sicher erlaubt. Niederlagen nagen am Routinier, der im besten Sinne als fußballverrückt gilt. „Ich schalte sehr schwer ab, ich nehme das schon mit nach Hause. Wenn es nicht läuft, würde ich lügen, wenn ich sage, ich gehe nach Hause und die Welt ist in Ordnung. Das ist bei mir überhaupt nicht so“, sagte Groß.

Dem Nationalspieler nimmt man ab, wenn er vom Privileg spricht, als das er seinen Beruf empfindet. „Ich mache das aus Liebe und Leidenschaft, ich bin dankbar, dass ich in Dortmund spielen kann. Dann ist es für mich das Mindeste, dass ich das mit voller Hingabe mache.“

Zweifel an der richtigen Haltung und Einstellung haben die Leistungen von Groß nicht aufkommen lassen, auch wenn er unter den Erwartungen geblieben ist. In Dortmund wird nach wie vor honoriert, wenn Spieler ihr Bestes geben. Es müssen auch nicht immer vier Torvorlagen in einem Spiel sein.



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