
Irgendwann ist immer das erste Mal. Wenn der 1. FC Union Berlin am Sonnabend (18.30 Uhr) in der Fußball-Bundesliga bei Borussia Dortmund gastiert, wollen die Köpenicker die persönliche Horrorbilanz beim kommenden Gegner unbedingt durchbrechen. Fünfmal reisten die Eisernen seit dem Aufstieg im Mai 2019 in den Signal-Iduna-Park, fünfmal gingen sie als Verlierer vom Platz. Mal chancenlos, mal wirklich unverdient, mal eine Pleite nach eigener Führung – gefühlt war schon jede Dramaturgie Teil der Niederlage. 5:17 lautet das Torverhältnis. Im Schnitt mehr als drei Gegentore musste Union, stets von Urs Fischer betreut, beim letztjährigen Champions-League-Finalisten also hinnehmen.
Jetzt darf sich mit Steffen Baumgart erstmals ein anderer Trainer versuchen, einen, vielleicht ja sogar drei Punkte mit auf die Rückreise in den Südosten Berlins zu bringen. Die 1:2-Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach am vergangenen Wochenende hat zwar keine weiteren Zähler in der Tabelle gebracht, dafür aber die Erkenntnis, dass sich die Mannschaft innerhalb eines Spiels steigern kann, und zwar ganz deutlich. Baumgart und die Spieler betonten später unisono, dass man auf die Darbietung in der zweiten Halbzeit aufbauen wolle.
Einer, der bei dieser Aufbauarbeit abermals nicht helfen wird, ist der einstige Abwehrchef Kevin Vogt. Der 33-Jährige plagt sich schon seit Wochen mit Kniebeschwerden. In Dortmund könnte er zwar wieder im Union-Kader stehen, ein Einsatz ist aber selbst in diesem Fall unwahrscheinlich. Im Hinspiel Anfang Oktober vergangenen Jahres war er noch der Hauptdarsteller beim 2:1-Sieg. Mit seinem verwandelten Strafstoß zum zwischenzeitlichen 1:0 beendete er eine eigentlich unfassbare Torlos-Serie von 3640 Tagen. In diesen zehn Jahren hatte er 275 Spiele in der Bundesliga bestritten, 21 davon für die Köpenicker, die er vor etwas mehr als einem Jahr mitten im Abstiegskampf entscheidend stabilisiert hatte.
Baumgart allerdings setzt eher auf die Viererkette, in der Diogo Leite links und Danilho Doekhi rechts innen verteidigen. Mit Leopold Querfeld – nach seiner Einwechslung zuletzt gegen Gladbach fast fehlerlos – lauert zudem ein junger Back-up auf seine Chance. „Es läuft bei ihm in die richtige Richtung“, sagte Baumgart auf Nachfrage, wie weit Vogt bei seinen Comeback-Arbeiten denn schon sei. „Trotzdem“, fügte der Trainer auf der Spieltags-Pressekonferenz an, „ist er immer noch in der Anpassung.“
Robert Skov und Aljoscha Kemlein fallen verletzungsbedingt aus
Definitiv nicht im Kader werden Robert Skov und Aljoscha Kemlein stehen. Der Däne verletzte sich gegen Mönchengladbach und musste schon nach einer halben Stunde ausgewechselt werden. Baumgart wollte zur Ausfallzeit keine genaue Prognose abgeben, im schlimmsten Fall aber müsse Union möglicherweise bis zur nächsten Länderspielpause Ende März auf Skov verzichten. Um Kemleins Verletzung, der zu Beginn der Amtszeit von Steffen Baumgart im zentralen Mittelfeld gesetzt war, macht der Klub weiterhin ein großes Geheimnis. „Wir planen von Tag zu Tag“, war dem Trainer im Hinblick auf den Youngster lediglich zu entlocken.
Für Skov dürfte auf der linken Seite der ehemalige Dortmunder Tom Rothe beginnen. Im Mittelfeld-Zentrum hatte sich in den letzten Wochen das Duo aus Rani Khedira und Janik Haberer gefunden. András Schäfer und Lucas Tousart, der nach seiner Einwechslung beim 4:0-Sieg in Hoffenheim überzeugen konnte, müssen sich wohl weiter hinten anstellen.
Beim Blick auf den Gegner fällt auf, dass in Dortmund ganz besonders nach erfolgreichen Champions-League-Spielen unter der Woche regelmäßig ein Kater im Ligaalltag einkehrt. Das war nicht nur beim Hinspiel in der Alten Försterei so, als die Borussia vier Tage zuvor Celtic Glasgow mit 7:1 aus dem Stadion geschossen hatte, sondern auch bei den Niederlagen in Stuttgart (Sieg zuvor in Brügge), Mainz (Sieg zuvor gegen Graz) und zuletzt in Bochum (Sieg zuvor bei Sporting Lissabon). Nun hat die Mannschaft von Trainer Niko Kovac das Rückspiel gegen Sporting beim torlosen Remis zwar nicht gewonnen, mit dem Sprung ins Achtelfinale aber dennoch die große Kritik der vergangenen Wochen ein klein wenig eindämmen können.
„Sie haben Fehler gemacht, die ihnen immer wieder sehr ins Kontor schlagen. Es muss für uns am Wochenende viel passieren, aber wir wollen sie dahin bringen, dass sie Fehler machen, die sie nicht machen möchten“, gab sich Baumgart gewohnt angriffslustig und sprach erst gar nicht davon, nur einen Punkt holen zu wollen. „Es ist unser Ziel, dort zu gewinnen“, betonte der 53-Jährige. Mit einem Dreier würden die Eisernen sich einen weiteren Schritt aus der Abstiegszone entfernen, in der die Konkurrenten aus Bochum (beim VfL Wolfsburg), Heidenheim (bei RB Leipzig) und Kiel (gegen Bayer Leverkusen) ausnahmslos als klare Außenseiter in ihre Partien am 23. Spieltag gehen.