
“Schande!”, “Wahnsinn!”
Teure Dummheit macht Italiener rasend
19.02.2025, 11:30 Uhr
Der AC Mailand ist auf einem guten Weg ins Achtelfinale der Champions League, dann schlägt die Stunde von Theo Hernandez: Der französische Nationalspieler trifft eine dumme Entscheidung und schwächt sein Team damit entscheidend. Die italienische Presse reagiert scharf.
51 Minuten sind im Champions-League-Spiel zwischen der AC Mailand und Feyenoord gespielt, als Theo Hernandez eine ganz dumme Idee hat: 1:0 führen die Italiener, haben das 0:1 aus dem Playoff-Hinspiel ausgeglichen, als der Linksverteidiger in den Strafraum zieht – und plötzlich abhebt. Deutlich sichtbar ohne jeden Gegnerkontakt. Schiedsrichter Szymon Marciniak zögert keine Sekunde und wirft den Franzosen, den er Sekunden vor dem Halbzeitpfiff bereits für ein Trikotzupfen verwarnt hatte, vom Feld. Danach geht für Milan alles den Bach runter: In der 73. Minute gleicht Julián Carranza für Feyenoord aus, die Italiener erholen sich von dem Rückschlag nicht mehr – und San Siro weint.
Theo Hernandez’ “Wahnsinn” (“Tuttosport”) brachte die Wende, da ist man sich einig: “Das hat das Spiel verändert”, sagte Milans englischer Nationalspieler Kyle Walker hinterher. Zlatan Ibrahimovic, der als mächtiger “Senior Berater” bei seinem Ex-Klub die Strippen zieht, analysierte: “Feyenoord war uns nicht überlegen; wir haben uns selbst ins Knie geschossen”. Gleichzeitig verteidigte Ibrahimovic seinen Spieler, zumindest öffentlich: “Ich glaube nicht, dass Theo ein Schauspieler ist, er spielt sein Spiel und versucht, sein Bestes zu geben.”
Allerdings soll Hernandez inzwischen vom Verein schon mit einer Geldstrafe belegt worden sein. Das Ausscheiden in den Playoffs zum Achtelfinale kostet den AC Mailand viel Geld, alleine den Sprung ins Achtelfinale belohnt die UEFA mit elf Millionen Euro – zusätzlich zu den bisher erspielten Prämien. “Der italienische Fußball hat einen schwarzen Dienstag erlebt”, schrieb die Zeitung “Corriere della Sera”, denn wenig später flog auch noch Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo völlig überraschend gegen den FC Brügge raus.
“Jenseits des Erklärbaren”
Die italienischen Medien gehen hart mit dem 27-Jährigen ins Gericht. “Selten hat ein Scheitern einen so offensichtlichen Verursacher wie dieses Mal”, schreibt die “Gazzetta dello Sport”. “Theo Hernandez macht dem AC Mailand in der Champions League einen Strich durch die Rechnung. Der Fußball ist natürlich ein Mannschaftssport, man gewinnt und verliert gemeinsam und so weiter und so fort. Aber hier, bei der Rückschau auf die beiden Verwarnungen, sind wir am Rande der Realität. Etwas jenseits der Logik des Erklärbaren.”
Spätestens mit seinem Platzverweis habe sich Hernandez, Vize-Weltmeister von 2022, endgültig von seinem Klub entfremdet, unterstellt “Gazzetta dello Sport”. “Theo verlässt das Spielfeld mit gesenktem Kopf, das Meazza ist so geschockt, dass es nicht glauben will, dass der Schiedsrichter wirklich Recht hat. Und doch hat er Recht. Hochverrat von einem Spieler, der einst neben Leao die wertvollste Visitenkarte von Milan war.”
Trainer Sergi Conceicao bemühte sich, den Fokus von seinem unglückseligen Spieler zu nehmen. “Wir sind sauer, das war heute Abend ein Fiasko. Das müssen wir uns selbst sagen. Ich habe Fehler gemacht, die Sie sich nicht einmal vorstellen können. Dieses Ausscheiden hat nicht das Gesicht von Theo, sondern meines”, sagte der Portugiese, zwischen den Zeilen benannte aber auch der Europameister von 2008 aber doch deutlich, was das Spiel entscheidend beeinflusste: “Vor dem Platzverweis wussten die Spieler von Feyenoord nicht einmal, wie sie bis zu unserem Tor kommen sollten. Es gab Episoden, die das Spiel verändert haben (…) Meine Spieler können auch Fehler machen.”
“So etwas darf nicht passieren”
Schon nach 37 Sekunden hatte Milan den Rückstand aus dem Hinspiel ausgeglichen – durch einen Kopfballtreffer von Santiago Gimenez, der erst vor nicht mal zwei Wochen von Feyenoord nach Mailand gewechselt war. Die favorisierten Gastgeber hatten das Spiel im Griff und alle Chancen aufs Weiterkommen – dann schlug die unrühmliche Stunde von Theo Hernandez. “Das war definitiv kein Elfmeter. Jungs, so etwas darf nicht passieren, und ihr müsst verstehen, dass man in Spielen wie diesem eine solche Verwarnung nicht riskieren sollte”, wunderte sich der einstige Nationaltorhüter Luca Marchegiani bei Sky Italia. “Tuttosport” flüchtete sich in Sarkasmus und machte die “doppelte ‘Genialität'” von Hernandez mitverantwortlich für das unerwartete Aus des siebenmaligen Europapokal-Siegers. “Man kann nicht gegen ein derart schwaches Feyenoord ausscheiden”, zürnte das Blatt. Das Ausscheiden sei eine “Schande”.
Unter dem Hashtag #theohernandez wüten online zehntausende Tifosi über die folgenschwere Entscheidung des Spielers, der vor dem Abschied beim AC Mailand stehen soll. Gespräche über eine Vertragsverlängerung des Linksfußes, der nach Informationen der “Gazzetta dello Sport” zum bestbezahlten Spieler im Kader aufsteigen will, sollen seit Wochen auf Eis liegen. Die Position des Spielers dürfte sich nun kaum verbessert haben.