Ex-Profi Jelle van Damme wird Rad-Profi

Ex-Profi Jelle van Damme wird Rad-Profi
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Jelle van Damme ist kein Mann für halbe Sachen. War er noch nie. Schon während seiner Zeit als Fußballprofi ging er dorthin, wo es wehtut. Inzwischen ist der Belgier 41 Jahre alt und bastelt an der Karriere nach der Karriere: Der einstige Verteidiger des SV Werder Bremen will Rad-Profi werden, trainiert eifrig für den Unbound Gravel, die Weltmeisterschaft auf unbefestigtem Untergrund. „Einmal ein Athlet, immer ein Athlet“, sagte van Damme kürzlich, der mit einer Aussage ganz besonders überraschte: „Wenn ich noch einmal die Möglichkeit hätte, würde ich Radrennfahrer werden – trotz allem, was ich im Fußball erlebt habe.“

Van Damme wurde niederländischer Meister

Und das ist eine ganze Menge. Rückblick: Mit Ajax Amsterdam wurde der Mann aus Lokeren einst niederländischer Meister, auch in seiner belgischen Heimat gelang ihm mit dem RSC Anderlecht die Krönung. Darüber hinaus stemmte der Defensivakteur den Pokal sowie Superpokal mehrfach in die Höhe, war in 31 Partien für die Nationalmannschaft im Einsatz. An der Weser lief es für ihn nicht ganz so erfolgreich, lediglich zehn Spiele bestritt er nach einer Leihe vom FC Southampton in der Saison 2005/2006 für Werder – damals, als noch ein grüner Diagonalbalken das Trikot schmückte, der zugehörige Sponsor „kik“ hieß und unter der Woche regelmäßig die Champions-League-Hymne in Bremen erklang. Lang, lang ist es her.

Trotz der wenigen Auftritte erarbeitet sich van Damme schnell den Ruf des robusten Abwehrreckens. Eine Qualität, die ihm auch jetzt helfen soll. „Genau wie beim Fußball kann ich auf dem Rad leiden. Ich kann zusammenbrechen, aber ich werde mich schnell erholen“, versprach er. „Als Sportler will ich mehr, wenn ich sehe, dass ich besser werde.“ Genau deshalb quält er sich im Sattel, gemeinsam mit Landsmann Greg Van Avermaet, der 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro Gold im Straßenrennen gewann, spult er Kilometer um Kilometer ab. Immer mit dem Ziel vor Augen, noch einmal etwas ganz Großes zu erreichen.

Einen Spitznamen hat sich der Belgier dabei schon in Windeseile verdient. „Meine Familie nennt mich Kamikaze, weil ich von Null auf Höchstgeschwindigkeit durch die Kurven fliege“, erklärte Jelle van Damme nicht ohne Stolz und schob hinterher: „Ich kann manchmal ein richtiger Mistkerl sein. So war ich als Fußballer, und so bin ich auch jetzt, wenn ich auf dem Rad sitze.“ Vorteil: Beim Tritt in die Pedale stellt sich ihm kein Schiedsrichter in den Weg, der für ein vorzeitiges Ende der Tortur sorgen könnte. Im Fußball war das noch anders, van Damme hat im Laufe seiner Karriere die durchaus stattliche Anzahl von zwölf Platzverweisen erreicht.

An Selbstbewusstsein mangelt es Jelle van Damme – und das ist wenig überraschend – natürlich nicht. „Ich vergleiche mich immer mit dem belgischen Profi Tim Declercq. Ich bin niemand, der Rennen gewinnen will, sondern ein zuverlässiger Teamkollege, der anderen hilft, ihre besten Platzierungen zu erreichen“, schilderte der frühere Bremer. „Meine Leidenschaft für den Sport ist erheblich gewachsen. Ich habe einen Trainer engagiert und bin nun vollständig gesponsert, mit dem Ziel, in diesem Jahr beim Unbound-Event in den USA zu glänzen.“ Die Zwischenetappen der Entwicklung stimmen van Damme jedenfalls mehr als positiv. „Ich habe mit meinen Brüdern und Cousins damit begonnen, zunächst Strecken von 40 bis 50 Kilometern zu fahren. Jetzt bewältige ich mühelos Distanzen von 120 Kilometern“, berichtete der Mann, der seine Fußballschuhe 2020 offiziell beim KSC Lokeren an den Nagel gehängt hatte. „Als Athlet ist der Drang zur Verbesserung immer präsent.“

Mit höherem Tempo kannte sich van Damme jedenfalls auch schon zu seiner Zeit bei Werder aus – was zu einem besonders denkwürdigen Moment führte. Es war im Februar 2006, als der Belgier nach einem Sieg gegen Mainz plötzlich ein Sondertrikot übergestreift hatte. Zu sehen war die Rückennummer 135, darüber stand der Name „Micoud“. Der legendäre französische Mittelfeldstar des SVW war kurz zuvor mit eben jener Geschwindigkeit auf der Kurfürstenallee in Bremen geblitzt worden, was van Damme zur scherzhaften Sonderanfertigung animierte. „Joe fand das sehr lustig“, hatte Jelle van Damme hinterher mit einem Lächeln erklärt. Nun will der Ex-Profi für das nächste Grinsen in der Sportwelt sorgen.

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