
In dieser Saison kommt der FC Bayern bisher ohne waschechten Anführer im Abwehrzentrum aus. Ein Fakt, der für Diskussionen sorgt.
Für Dayot Upamecano dürfte es ein innerer Triumph gewesen sein: Nach dem Spiel bei Celtic Glasgow wurde der Franzose zum „Player of the match“ gewählt. Eine Ehre, die Abwehrspielern eher selten zuteilwird. Meistens sind es die Offensivstars, die diese Trophäe abstauben.
Auch wenn man über Sinn und Nutzen solcher individueller Ehrungen trefflich streiten kann: Fakt ist, dass sich Upamecano im Vergleich zur Vorsaison positiv entwickelt hat.
Die Fehlerquote ist gesunken, er fühlt sich unter Trainer Vincent Kompany deutlich wohler als unter dessen Vorgänger im Amt des Bayern-Trainers.
Upamecano hat ein Imageproblem
Und trotzdem hat der Franzose ein Problem: Einen Ruf als Abwehrboss hat er sich noch immer nicht erarbeitet.
Sein Image in der Öffentlichkeit leidet weiterhin unter seinen Auftritten in Manchester im Jahr 2023 und in Heidenheim im Frühling 2024. Spiele, die weit in der Vergangenheit liegen, aber trotzdem nachwirken. Das mag unfair sein, ist aber Fakt.
Auf die Spitze trieb es jüngst Ivan Klasnic. Der Ex-Profi sagte in der Talkrunde „At Broski“: „Die Abwehr ist gar nix. Den Upamecano kannst du gleich wegschmeißen. Die meisten Fehler passieren über seine Seite“. Worte, die den Franzosen schmerzen dürften und deutlich überzogen sind.
FCB-Sportvorstand Max Eberl – schon seit Monaten als Anwalt der bayerischen Abwehrreihe unterwegs – hielt in Glasgow dagegen. „Ich habe ihn schon die ganze Saison sehr stabil gesehen. Er hat heute Situationen gelöst, er spielt Mann gegen Mann da hinten. Upa ist für mich ein herausragender Innenverteidiger“, sagte der 51-Jährige zu SPORT1.
Diskussion wird zum Nerv-Thema
Dass „Upa“ nicht dem entspricht, was man in Fußball-Deutschland unter einem „Abwehrboss“ versteht, bemängelt aber auch Rekordnationalspieler Lothar Matthäus.
„Bayern braucht in der Abwehr einen Leader. Einen, der den Nebenmann führt. Denn das sind weder Kim noch Upamecano. Sie sind beide talentiert, gute Spieler, aber vom Naturell keine Anführer“, erklärte Matthäus in der Sport Bild.
Worte, die selbst dem eigentlich ruhig agierenden Kompany auf die Nerven gehen. „Das sind immer diese Sprüche … Wenn man mal Preise in die Luft streckt, hat man viele Bosse. Das ist eine Aussage, die ich schon seit 30 Jahren höre. Das kommt immer wieder“, sagte der Belgier am Freitagvormittag auf Nachfrage von SPORT1.
Kompany stützt Bayern-Star
Vermutlich würde man Upamecano ohnehin keinen Gefallen damit tun, ihn einfach zum Chef zu ernennen. Er ist kein Lautsprecher, ein Schreihals erst recht nicht. Die Kritik wird daher wahrscheinlich bleiben in dieser sehr „deutschen“ Diskussion.
Die Sehnsucht nach Anführern auf dem Feld ist hierzulande deutlicher ausgeprägt als woanders. Kompany seinem Schützling trotzdem (oder gerade deswegen) Zeit geben.
„Ich war als junger Spieler auch nicht sofort ein Abwehrboss. Am Ende war deutlich, wer der Boss in der Verteidigung war. Das muss wachsen. Das kann man nicht herbeireden, sondern muss man zeigen. Das dauert, aber wir sind auf einem guten Weg“, sagte der Bayern-Trainer.
Upamecano selbst werden vermutlich nur gute Leistungen dabei helfen, die Kritiker und sein Image als Fehlerquelle abzuschütteln. Die Auszeichnung in Glasgow war da ein weiterer Schritt.