

Er ist einer der größten Torhüter in der Geschichte des SV Werder Bremen, sammelte in einer goldenen Ära reihenweise Titel. Jetzt feiert Oliver Reck seinen 60. Geburtstag – und blickt zurück.
Bremen – Wer sein Profil bei WhatsApp aufruft, sieht ein Foto, das sehr viel ausdrückt. Zwei der bekanntesten und besten Keeper, die je für den SV Werder Bremen das Tor gehütet haben, vereint auf einer Bank am Spielfeldrand. Ein Duo, das harmonierte, das sich geschätzt und eine beispiellose Freundschaft gepflegt hat: Oliver Reck und Dieter Burdenski.
Werder Bremen-Legende Oliver Reck wird 60 Jahre alt – und feiert jedes Jahr auch seine Rettung als zweiten Geburtstag
Kurz nach dem Tod der Bremer Legende Burdenski, die alle nur „Budde“ gerufen haben, hat Reck dieses Bild im vergangenen Oktober als Erkennungszeichen in dem Messenger-Dienst hochgeladen. Es war ihm ein Anliegen, den ehemaligen Mitspieler und vor allem den Menschen Dieter Burdenski zu würdigen. „So war ‚Budde‘,“ sagt Reck, „ein toller Mensch, für mich ein echter Freund.“ Unendlich traurig sei er gewesen, als er die Nachricht vom plötzlichen Tod des 73-Jährigen erhalten habe. „Ich konnte es kaum glauben, weil ‚Budde‘ auch im fortgeschrittenen Alter so fit war und so unverwüstlich erschien.“ Der Verlust des Kumpels erinnerte Reck an den eigenen Schicksalsschlag, den er vor zwölf Jahren erlitten hatte. 21. Januar 2013. Skigebiet Fieberbrunn in Österreich. Herzinfarkt auf der Piste. Der Begleiter reagiert schnell, informiert die Rettung, Oliver Reck überlebt. „Ich war so gut wie weg“, sagt er heute. „Mein Freund hat mir das Leben gerettet.“ Seitdem feiere er jedes Jahr zweimal Geburtstag – am Tag seiner Rettung nach dem Kollaps im Schnee und an seinem eigentlichen Geburtstag, dem 27. Februar. Heute wird Oliver Reck 60 Jahre alt.
Dass er diesen besonderen Ehrentag begehen kann, ist für den Ex-Profi allein dem folgenden Umstand zu verdanken: „Ich habe mein Leben komplett umgestellt.“ Früher sei er stets für andere da gewesen, habe alles gemacht und getan für seine Mitmenschen – mit der Konsequenz, sich selbst zu vernachlässigen. „Nun schaue ich mehr auf mich, auf meine Bedürfnisse, achte auf meinen Körper.“ Gesunde Ernährung, keinen Tropfen Alkohol, viel Fitness und Sport, das heißt: lange Golfrunden („Ich war um ein Haar einstellig“) und dazu ambitioniertes Tennis. „Wobei ich leider mit dieser Sportart zu spät angefangen habe.“ Ehrgeiz zeichnet Oliver Reck wie früher auf dem Fußballfeld auch auf dem Court aus. „In meiner Altersklasse schlagen mich nur ganz wenige.“
Oliver Reck sammelt bei Werder Bremen etliche Titel: Deutsche Meisterschaften, DFB-Pokale und den Europapokal 1992
Oliver Reck ist ein Erfolgstyp. Aus Offenbach kam er 1985 zu Werder Bremen, anfangs als Nummer drei hinter besagtem Burdenski und Klaus Funk. Zwei Jahre später erhielt er das Vertrauen von Trainer Otto Rehhagel als „Buddes“ Nachfolger. Elf Jahre war er die unumstrittene Nummer eins, steht bis heute für eine glanzvolle Ära. Titel und Triumphe reihenweise, wie später auch auf Schalke, seiner letzten Station als Profi, ehe die aktive Karriere 2003 endete. Stolze elf Trophäen stehen in Recks Lebenslauf. Die nationalen: Deutscher Meister mit Werder 1988 und 1993, DFB-Pokalsieger mit Werder 1991 und 1994, mit Schalke 2001 und 2002, dazu Supercupsieger mit Werder 1988, 1993 sowie 1994. Und die internationalen: 1996 der Gewinn der EM in England mit Deutschland und zuvor 1992 der Sieg im Europapokal der Pokalsieger mit Werder. „Mein größter Erfolg“, bekennt der ehemalige Torwart, der in der Bremer Mannschaft gesperrt fehlte, die in Lissabon das Finale gegen die AS Monaco gewann. Als Sieger fühlt er sich trotzdem, denn „ich habe mit meinen Leistungen im Wettbewerb die Mannschaft ins Finale gebracht“.
Insgesamt hält Oliver Reck beim Blick auf seinen Trophäenschrank fest, dass der schon eine gewissen Aussagekraft habe, vor allem für einen Spieler, der nie für den FC Bayern München aktiv war. „Bei Bayern gewinnst du automatisch Titel in jeder Saison, bei Bremen und Schalke eher nicht. Daher macht es mich besonders stolz, dass ich diese Erfolgsserie verbuchen durfte – natürlich auch dank der vorzüglichen Mitspieler.“ Mit nur 22 Gegentoren in einer Saison hielt Reck als Schalker Keeper lange einen Bundesligarekord, der später von Oliver Kahn (21) und Manuel Neuer (18) geknackt wurde. „Und wo haben die gespielt?“, lautet Recks rhetorische Frage.
Oliver Reck bei Schalke 04 nur „Meister der Herzen“ – Werder Bremen-Legende suchte Nachfolger Frank Rost selber aus
Ein Angebot aus München hat er übrigens nie erhalten. Bayern hatte keinen Bedarf, dafür Borussia Dortmund. Oliver Reck überlegte, entschied sich aber für Schalke 04. Rudi Assauer hatte um ihn geworben. Reck wurde Nachfolger von Jens Lehmann, war sechs Jahre lang (112 Spiele) für die Gelsenkirchener aktiv und sollte später eine wichtige Rolle im Revierclub einnehmen, so der Plan von Assauer. „Wenn Rudi noch da wäre, wäre ich auch noch auf Schalke.“ Bei seiner Vorstellung am Schalker Markt hatte Reck einst gesagt: „Ich will Meister werden.“ Geklappt hat das nicht. Am Ende reichte es zum inoffiziellen Titel als „Meister der Herzen“ im Jahr 2001, als die Bayern die Königsblauen im Fotofinish des letzten Spieltags noch überholten. „Ein absoluter Tiefpunkt in meiner Karriere“, betont Reck, für den die beiden Pokalsiege mit Schalke die herbe Enttäuschung nicht ausgleichen können. „Wie gut wir damals waren, verdeutlichen für mich allein drei Namen aus dem Team: Ebbe Sand, Emile Mpenza und Andreas Möller.“
Wie in Bremen, so stieg Reck auch im Ruhrgebiet zu einer prägenden Figur auf. Vergessen am Ende die Zeiten, als er den Beinamen „Pannen-Olli“ trug, weil bei ihm mitunter haarsträubende Patzer mit Weltklasseparaden wechselten. Im Gespann mit Assauer suchte er schließlich selbst seinen Nachfolger aus: Frank Rost, der ihn schon bei Werder Bremen abgelöst hatte. Reck erzählt, wie es dazu gekommen ist: „,Ein Jahr spiele ich noch‘, habe ich zu Rudi gesagt, ,und dann holen wir Frank Rost‘. Also sind Assauer und ich nach Bremen gefahren – und wir haben Frank überzeugt.“ Oliver Reck rückte freiwillig in die zweite Reihe, machte seinen Trainerschein. Der neue Job auf der Bank nahm schnell Formen an. Torwarttrainer, Assistenztrainer, Interimstrainer auf Schalke, später Stationen in Duisburg und Düsseldorf.
Werder Bremen-Ex-Profi Oliver Reck würde nur unter besonderen Umständen nochmal als Trainer arbeiten
Vor allem auf Schalke avancierte er zum geborenen Feuerwehrmann. Dreimal bewährte sich Oliver Reck als Retter. Bis ein gewisser Felix Magath engagiert wurde „und mir den Stuhl vor die Tür gesetzt hat“. Mentor Assauer, den Reck neben Otto Rehhagel und Hermann Nuber aus Offenbacher Zeiten zu den „prägenden Persönlichkeiten in meiner Karriere“ zählt, war da schon tot. „Sonst wäre es dazu nie gekommen.“ Als Cheftrainer führte Reck dann Zweitligist Duisburg 2011 ins DFB-Pokalfinale, ausgerechnet gegen Schalke. Später landete er als Coach bei seinem Heimatclub Kickers Offenbach, wirkte von 2016 bis 2018 am Bieberer Berg. „Zweieinhalb Jahre dort auszuhalten, das hat kaum jemand geschafft“, sagt er.
Bis 2022 hat der Fußballverrückte auf der Trainerbank Platz genommen, seinen letzten Auftrag erfüllt beim Südwest-Regionalligisten RW Koblenz. Dort lief es nicht so berauschend, so dass er nach einem halben Jahr beurlaubt wurde. Der vorläufige Endpunkt einer facettenreichen und ruhmreichen Laufbahn. „Ich stehe nur noch als Trainer zur Verfügung, wenn etwas kommt, mit dem ich mich zu hundert Prozent identifiziere“, betont Oliver Reck. (hgk)