Auf jeden Schritt nach vorn folgen zwei zurück

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Ein paar Minuten Nachspielzeit hätte man durchaus erwarten können, als sich das Spiel am Samstagabend in Dortmund dem Ende zuneigte. Allein für Ein- und Auswechslungen war die zweite Hälfte doch sechs Mal unterbrochen worden.

Doch nicht einmal zehn Sekunden nach dem Ablauf der regulären Spielzeit griff Schiedsrichter Bastian Dankert schon zur Pfeife. Ein Schlusspfiff als Akt der Gnade.

In den 15 Minuten zuvor war der 1. FC Union schließlich zum Opfer einer öffentlichen Demütigung geworden. Oder war das schon eine Selbstgeißelung? In einer knappen Viertelstunde kassierten die Berliner jedenfalls vier Tore und damit letztlich ein 0:6 bei Borussia Dortmund.

Die letzte Viertelstunde kann ich auf Anhieb auch nicht erklären. Bis dahin war es ein normales Spiel und ein normales Ergebnis. Die letzten drei Tore muss ich auch erst mal sacken lassen.

Unions Trainer Steffen Baumgart nach dem 0:6 in Dortmund

Es war die höchste Bundesliga-Niederlage der Vereinsgeschichte und vor allem ein verheerendes Zeichen im Abstiegskampf.

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„Dass das nicht passieren darf, kann sich jeder vorstellen“, sagte ein sichtlich geschockter Steffen Baumgart auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. „Die letzte Viertelstunde kann ich auf Anhieb auch nicht erklären. Bis dahin war es ein normales Spiel und ein normales Ergebnis. Die letzten drei Tore muss ich auch erst mal sacken lassen.“

Selbst das war aber noch ein ziemlich wohlwollendes Fazit. Union war zwar gut in beide Halbzeiten gestartet, doch schon vor dem Einbruch in der Schlussphase war die Leistung alles andere als überzeugend. Vorne zahnlos, hinten wackelig: Das in dieser Saison allzu bekannte Muster war wieder deutlich zu erkennen. Hinzu kam erneut das Gefühl, dass Union unter Baumgart nach jedem Schritt nach vorne immer gleich zwei zurück macht.

Warum das so ist, bleibt die Frage. Und wieder wird bei der Analyse über altbekannte Probleme geredet werden: die ungewohnte Viererkette und den fehlenden Mut vor dem Tor.

Als Erklärung reicht das allein aber nicht aus, denn es ist nicht so, als hätte Baumgart keine Antworten darauf. Im Angriff ist Union unter dem neuen Trainer tatsächlich schon besser geworden. Und in der Abwehr hat er sich auch pragmatisch genug gezeigt, um gelegentlich zurück auf die Dreierkette umzustellen.

Gegen Dortmund schien das Problem eher mental zu sein. Nach vorne traute sich die Mannschaft wenig zu, und wenn, dann fehlte die Präzision. Hinten fiel man nach dem dritten Tor komplett auseinander. Das Selbstvertrauen, das die Mannschaft vor zwei Wochen mit dem 4:0 gegen Hoffenheim getankt hatte, ist inzwischen komplett verschwunden.

Es bringt nichts, wie Rumpelstilzchen durch die Gegend zu laufen.

Unions Trainer Steffen Baumgart nahm seine Spieler nach dem 0:6 beim BVB in Schutz.

Insofern war es vielleicht auch verständlich, dass sich Baumgart vor seine Spieler stellte und die Leistung nicht komplett schlechtreden wollte. Wer so verliert, braucht eben keine weitere Rüge. „Ich bin nicht der Typ, der draufhaut oder irgendwelche wilden Sachen macht. Es bringt nichts, wie Rumpelstilzchen durch die Gegend zu laufen“, sagte der Trainer. „Die Mannschaft hat aus meiner Sicht bis auf das heutige Spiel vieles richtig gemacht: Wir sind auf dem richtigen Weg und den haben wir nicht verlassen.“

Die Niederlage werde man nun in Ruhe analysieren und sich auf das nächste wichtige Spiel gegen Holstein Kiel vorbereiten. Ein Spiel, das richtungsweisend für den Rest der Saison werden könnte. In Dortmund konnte man – gerade auch mit Blick auf die jüngere Geschichte – nicht unbedingt mit Punkten rechnen. Gegen Kiel hingegen ist ein Sieg Pflicht.

Bis auf das Spiel in Hoffenheim hat Union die letzten direkten Duelle gegen andere Abstiegskandidaten allesamt verloren: Auch deswegen befinden sich die Berliner überhaupt noch in Abstiegsgefahr. Ein weiterer Ausrutscher am kommenden Sonntag würde die Sogkraft der unteren drei Plätze nur noch verstärken.

Noch ist der Vorsprung auf den Relegationsplatz komfortabel. Damit das weiter so bleibt, muss es allerdings eine schnelle Antwort auf den Albtraum in Dortmund geben. Denn wie Lothar Matthäus schon vor dem Schlusspfiff am Sky-Mikrofon gnadenlos zusammengefasst hatte, war diese Leistung von Union „nicht bundesligareif“.



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