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Für den Spott brauchte er nicht zu sorgen, die Sticheleien kamen ungefragt. Karim Adeyemi, selbst mit einem ausgeprägten Sinn für kleinere Albereien ausgestattet, konnte das gut ertragen. „Manchmal hat er einen besseren Schuss mit dem rechten als mit seinem starken linken Fuß“, meinte Nico Schlotterbeck und spielte auf die Szene beim 2:0 des BVB an. Da setzte sich Adeyemi gleich gegen zwei St. Paulianer durch, behielt die Übersicht und schob den Ball überlegt ins Tor. Mit dem rechten Fuß.
BVB-Profi Adeyemi beeindruckt Kehl
„Das ist so ein Joke zwischen uns“, sagte der 23-jährige Adeyemi und nahm Schlotterbecks Analyse mit Humor auf. „Ich glaube, der Linke ist trotzdem noch besser als der Rechte.“ Weitaus entscheidender als die Wahl des Spielbeins scheint beim ehemaligen Nationalspieler die Tendenz, seltener Bruder Leichtfuß zu sein. „Ich finde, diese Szene vor unserem zweiten Tor taugt ein bisschen als ein Spiegelbild, weil Karim nicht hinfällt und liegenbleibt, sondern sich wehrt und sich durchsetzt“, erklärte Sebastian Kehl. Dem BVB-Sportdirektor gefiel, „wie wir einfach unbedingt dieses Spiel gewinnen wollten. Und da braucht man am Ende auch solche Aktionen.“
Nach 45 Minuten, in denen die Borussen „sehr träge“ (Schlotterbeck) auftraten und kaum Tempo in die Ballaktionen bekamen, genügte nach Wiederanpfiff eine Viertelstunde mit erhöhter Intensität, um zum ersten Mal in dieser Saison zwei Bundesliga-Siege hintereinander einzufahren. Beim 1:0 durch Serhou Guirassy (50.) leistete Adeyemi mit konsequentem Nachsetzen an der Strafraumgrenze die Vorarbeit, dann machte er acht Minuten später gegen alle Widerstände der Hamburger selbst den Deckel drauf.
BVB-Arbeitssieg gegen St. Pauli
Der BVB-Sieg bei den Kiezkickern war alles andere als ein Schmuckstück. Doch die neu gewonnene Stabilität in der Defensive beim vierten Zu-Null-Spiel in der sechsten Partie unter Trainer Niko Kovac und eine gute Effizienz in der Offensive reichten aus. Unter anderem, weil Adeyemi die Lücke zwischen Potenzial und tatsächlicher Performance kleiner werden ließ.
Den ordentlichen Start ins Spieljahr konnte der schnelle Flügelstürmer wegen einer schweren Muskelverletzung seit Anfang Oktober nicht bestätigen. Erst fiel er lange aus, dann gestaltete sich der Formaufbau bei ihm zum wiederholten Male (zu) langwierig. Der Unterschiedsspieler Adeyemi fehlte dem BVB im Krisenwinter als Leistungsträger. Eine Situation, die dem gebürtigen Münchner zusetzte. „Natürlich macht das etwas mit einem Spieler, wenn wir auf einem schlechten Tabellenplatz stehen. Und ich persönlich habe ja auch meine Ziele nicht erreicht“, sagte er am Samstag. „Ich habe noch etwas gutzumachen.“
BVB benötigt Adeyemi als Unterschiedsspieler
Seine Bude am Millerntor war erst die dritte in der Bundesliga-Saison, eine viel zu geringe Ausbeute. Doch die Entwicklung zeigt wieder nach oben, nicht erst seit diesem Spiel auf St. Pauli, wo er mit sechs Abschlüssen einen persönlichen Rekord aufstellte, sondern auch in den Partien zuvor. „Viele Einzelgespräche“ (Kehl) habe man mit Adeyemi geführt, der nicht nur Haken schlagen und schnell flitzen, sondern Mitspieler und Zuschauer zur Verzweiflung treiben kann, wenn er sich in Mätzchen aufreibt, nach harten Zweikämpfen zu früh ein Foul ziehen will oder mit dem Unparteiischen diskutiert, anstatt sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren.
Neben seinem Scherz über den beidfüßigen Vordermann fand Schlotterbeck auch Worte, die Adeyemis Lage skizzieren. „Ich finde, er kommt langsam wieder in den Schwung, den er in der Hinrunde teilweise schon hatte.“ Warum? „Wenn er sauber Fußball spielt, seriös Fußball spielt“, dann bringe der Lockenschopf einen Mehrwert.
BVB-Geschäftsführer Ricken: „Pirschen uns heran“
Trotz des wertvollen Dreiers auf dem Kiez verkniffen sich die BVB-Bosse Ansagen zur Aufholjagd in der Tabelle. „Wir pirschen uns heran“, sagte Sportchef Lars Ricken. Auch Kehl betonte: „Unser Ziel muss es sein, durch Ergebnisse unsere Situation zu beeinflussen.“ Noch steht die Borussia auf Rang zehn, doch Platz vier ist nur noch sechs Zähler entfernt. Für Rechenspiele bleibt sowieso keine Zeit. Am Dienstag (21 Uhr) steht Champions League auf dem Programm, im Achtelfinal-Hinspiel geht es gegen OSC Lille. Ein stärkerer Gegner für einen erstarkten BVB.