
Wolfsburg. Bence Dardai ist zurück auf dem Trainingsplatz, nachdem er mit einigen seiner Kollegen nach dem Sieg am Samstag in Bremen zum Karneval nach Köln gereist war. „Das war gut. Es war das erste Mal, dass ich das gemacht habe“, sagt das VfL-Juwel und grinst. Wer ist der größte Karnevalist beim Wolfsburger Fußball-Bundesligisten? „Ich glaube Yannick Gerhardt, er kommt ja aus Köln und kennt sich schon gut aus“, sagt der VfL-Senkrechtstarter schmunzelnd. Dardai war im vergangenen Sommer von Hertha BSC gekommen und ist beim VfL Bundesliga-Spieler geworden. Damit hat er sich einen Traum erfüllt. Aber: Schon bald wird er sich einen weiteren erfüllen – er steht vor seinem Länderspiel-Debüt für Ungarn. Ungarn? Ja, der VfL-Profi hätte auch für Deutschland spielen können. Aber er entschied sich für Ungarn.
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Jüngster Torschütze der VfL-Geschichte
Der Sohn des einstigen Hertha-Trainers Pal Dardai ist einer der Senkrechtstarter bei den Niedersachsen. Der Mittelfeldspieler, der bereits in der Sommer-Vorbereitung für großes Erstaunen sorgte (Maximilian Arnold: „Er ist für sein Alter bereits sehr reif und spielt wie ein Alter“), hat nicht nur für frischen Wind, sondern auch für Furore gesorgt. Beim 3:1-Sieg in Heidenheim entthronte er mit 18 Jahren, neun Monaten und 17 Tagen VfL-Rekordspieler Arnold als jüngsten Torschützen der Klubgeschichte.
Dass er es beim VfL nach ganz oben geschafft hat, blieb natürlich auch den Ungarn nicht verborgen. Der ungarische Fußball-Verband buhlt schon länger um die Dienste von Dardai. Beim 2:2 des VfL gegen Holstein Kiel war Ungarns Nationaltrainer Marco Rossi in der VW-Arena. „Drei, vier Monate nach meinem Wechsel zum VfL“ habe es den ersten Austausch mit dem ungarischen Verband gegeben. „Aber genauso offen habe ich mit dem DFB kommuniziert“, erzählt Dardai, der für diverse Jugend-Nationalteams des DFB aufgelaufen ist. Zuletzt hatte er für die U19 gespielt. Was war am Ende entscheidend für Ungarn? „In allererster Linie war es meine Familien-Konstellation – mein Vater, der ein paar Länderspiele für Ungarn gemacht hat. Meine Brüder hatten auch einen guten Einfluss“, sagt Dardai.
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„Mit meinen beiden Brüdern zusammen für Ungarn auf dem Platz zu stehen, ist eine Herzensangelegenheit.“
Bence Dardai
VfL-Profi
Sein Vater Pal Dardai spielte 61-Mal für Ungarn, seine Brüder Marton (11-Mal) und Palko (einmal) durften auch schon für die Ungarn auflaufen. Jetzt folgt bald Bence Dardai. Er sagt: „Mit meinen beiden Brüdern zusammen für Ungarn auf dem Platz zu stehen, ist eine Herzensangelegenheit.“ Bundestrainer Julian Nagelsmann habe sich nicht bei ihm gemeldet, aber U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo, Hannes Wolf (DFB-Direktor Nachwuchs, Training und Entwicklung) und U19-Nationaltrainer Hanno Balitsch „haben mir einen Weg aufgezeigt“, wie es für ihn beim DFB laufen könnte. „Aber sie haben mir auch gesagt: Du musst das entscheiden und auf dein Herz hören“, sagt der Wolfsburger.
So hat Marco Rossi ihn überzeugt
Am Ende aber fiel die Wahl auf Ungarn. Nationaltrainer Rossi sagte ihm: „Du bist ein guter Fußballer, du kannst uns viel helfen, du sprichst die Sprache und bist für die Zukunft ein sehr wichtiger Spieler für uns. Damit hat er mich überzeugt“, verrät Dardai. „Meine Brüder haben sich sehr gefreut, meine Mama und Papa natürlich auch.“ In der bevorstehenden Länderspiel-Pause geht es für die Ungarn in den Playoffs der Nations League gegen die Türkei. Zwei heiße Spiele, auf die sich Bence Dardai freut: „Ich finde es ganz cool, dass es gleich Kracher sind. Mit Druck kann man am besten spielen.“ Er hoffe, in diesen Spielen natürlich zum Einsatz zu kommen.
Noch denke er aber nicht an sein mögliches Länderspiel-Debüt, Priorität haben für ihn jetzt die VfL-Spiele gegen St. Pauli und in Augsburg. Dardai betont: „Ich möchte sechs Punkte holen aus diesen beiden Spielen, damit wir oben dran bleiben.“ Er selbst will seinen Teil dazu beitragen. „Es ist schon wie ein Traum, den man gerade lebt“, sagt der Wolfsburger über sein tolles Jahr bisher. „Man hat seine Kindheit dafür geopfert, ist jeden Tag zum Training gegangen, um dieses Leben führen zu können – Bundesliga, volle Stadien, besser geht es eigentlich nicht.“ Zudem habe er mit dem Team Erfolg. Sein Wunsch liegt auf der Hand: „Hoffentlich geht es so weiter.“
AZ/WAZ