Im Mittelfeld fehlt das kreative Moment

Im Mittelfeld fehlt das kreative Moment


Danke Bochum, danke Heidenheim, danke Holstein Kiel. Das sind genau die drei Klubs da unten im Tabellenkeller, die von der anhaltenden Krise bei Grün-Weiß hätten profitieren können, es aber nicht wirklich verstanden, ihre plötzliche Chance zu nutzen. So beträgt der Abstand zu den schlimmen Plätzen der Liga immerhin noch komfortable 13 Punkte. Das ist erst mal die gute Nachricht in schlechten Zeiten. Aber genau diese Gegner stehen auch noch auf der To-do-Liste von Werder.

Wenn diese direkten Vergleiche danebengehen, könnte es doch noch mal eng werden mit der weiteren Zugehörigkeit zur Beletage des deutschen Fußballs. Muss man sich also Sorgen machen? Ja, muss man! Denn so wie das Team gerade auftritt, wird es in absehbarer Zeit kein einziges Spiel mehr gewinnen.

Es gibt viele Gründe

Die Gründe für den brutalen Absturz sind vielfältig und auch schon oft beschrieben. Desolate Abwehr inklusive Torwart, Zerrissenheit innerhalb der Mannschaft, zunehmende Verunsicherung, aber auch Ausfälle wegen Verletzung und Krankheit oder umstrittene Schiedsrichterentscheidungen. Irgendwie kommt gerade alles zusammen. Aber nicht nur die da unten auf dem Rasen schwächeln vor sich hin, sondern auch die Kaderplaner.

Ein Blick auf die Transferpolitik der jüngeren Zeit spricht schon Bände. Da wird mit Kaboré der dritte Spieler für die linke Außenbahn geholt, obwohl nur einer spielen kann. (Und mit Jung hätten sie noch einen Vierten für die Position). Da wird mit Silva sogar der sechste Stürmer an Land gezogen, obwohl im Werner-System nur zwei zum Einsatz kommen. Und dann ist da noch die Causa Alvero. Einst erst ausgeliehen, und schließlich doch für fünf Millionen verpflichtet. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass diese Aktion eher eine Investition für die (Ersatz-) Bank war. Diese Entwicklung aber hätten sie bei Werder auch schon während der halbjährigen Leihe absehen und das Experiment beenden können. Das Geld wäre frei gewesen für andere Personalien.

Es fehlt an Spielern für den Mittelraum

Denn es fehlt – und das hat selbst schon die sehr ordentliche Hinrunde gezeigt – das kreative Moment im Mittelfeld. Mit Jens Stage hat Werder sicherlich einen verlässlichen Vorarbeiter im Maschinenraum, und auch die Ballfertigkeit von Romano Schmid ist unumstritten. Aber was ist, wenn die beiden ausfallen, wie zuletzt geschehen? Die Alternativen sind überschaubar. Und wo ist der Architekt für das Gesamtkonstrukt? Treffer: Fehlanzeige. Denn Werder hat keinen Vordenker in der Zentrale, keinen Macher, der in schwierigen Situationen mit ordnender Hand vorangeht und in der Lage ist, das Team mal einfach mitzunehmen.

Die Zusammenstellung des Kaders kommt also nicht als wahre Erfolgsstory daher, und darum sollten sich die Macher am Osterdeich schon mal hinterfragen, warum es denn bei anderen Klubs mit ähnlichen Etats so viel besser läuft. Freiburg und Mainz dienen da als beredte Beispiele.

Veränderungen fehlen

Eins aber zeichnet die Bosse aus. Sie setzen auch bei stürmischem Gegenwind weiter auf den Trainer, und das ist gut so. Ole Werner und seine Besonnenheit könnten ein Faustpfand sein auf dem Weg zurück in geregelte Bahnen. Okay, zuweilen macht es den Eindruck, als fehle ihm der berühmte Plan B, das Eintauchen in ein anderes System. Gerade bei der so gebeutelten Defensive könnte eine Umstellung auf die Viererkette mal eine Option sein. Gegen Leverkusen mit seinen schnellen Außenbahnspielern wäre es vielleicht ein Überraschungsmoment.

Grundsätzlich aber ist die Partie beim Double-Sieger nicht wirklich geeignet, um die Krise zu bewältigen. Die wahren Aufgaben folgen danach, und da ist die Mannschaft gefordert. Heute kann Werder sich durch einen engagierten Auftritt aber vielleicht schon mal ein Stück weit das abhandengekommene Selbstbewusstsein zurückholen. In der Bayarena erwartet niemand Wunderdinge, und das sollte eigentlich den Druck verringern. Darin wiederum birgt sich die Chance, um zurückzukehren von der Lästigkeit der Pein zur Leichtigkeit des Seins. Denn genau diese Leichtigkeit braucht das Team, damit sich irgendwann doch mal wieder ein Sieg einstellt. Und dann muss sich auch niemand mehr bei Bochum, Heidenheim oder Kiel bedanken.

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