
Dem Frankfurter Bundesligisten gehen vor dem Topspiel gegen den Meister aus Leverkusen die Verteidiger aus – taktisch wird sich Trainer Dino Toppmöller etwas einfallen lassen müssen.
Der deutsche Nationalspieler Leroy Sané zählt nun nicht unbedingt zu den Fußballern, denen man beim Laufen die Schuhe besohlen kann. Im Gegenteil, der Bayern-Profi gehört fast schon in die Kategorie Sprinter, ist pfeilschnell. Insofern passierte in der letzten Bundesligapartie der Münchner gegen Eintracht Frankfurt kurz nach Wiederanpfiff etwas durchaus Bemerkenswertes: Der überragende Jamal Musiala schickte den Kollegen mit einem wunderbaren Pass durchs Mittelfeld auf die Reise, und Sané steuerte ganz alleine auf Eintracht-Torwart Kevin Trapp zu. Das würde sicher das 2:0 sein, dachten alle in Fröttmaning, aber da hatten sie die Rechnung ohne Nnamdi Collins gemacht. Der Frankfurter Verteidiger kam in einem Höllentempo angesaust, holte den Widerpart ein, warf sich mit langem Bein in den Schuss und klärte zur Ecke. Eine spektakuläre Rettungstat. Schnell rennen kann er, der Nnamdi Collins, gar keine Frage.
Nun kann man trotz dieser atemberaubenden Aktion nicht behaupten, dass der immer noch erst 21-Jährige bei der 0:4-Abreibung in München einen besonders guten Tag erwischt hatte – da befand er sich in bester Gesellschaft mit fast allen anderen Kameraden. Collins stand auf seiner rechte Verteidigungsseite oft genug neben den Schuhen, auffällig auch, wie oft ihm die Bayern im Rücken entwischt sind und es lichterloh brannte im eigenen Strafraum. Das sieht man auf diesem Niveau eigentlich nicht so häufig.
Die Maschine ruckelt
Auch in seinen Offensivbemühungen bleibt Collins derzeit hinter dem zurück, was er schon mal gezeigt hatte. Das Wilde und Ungezähmte, das Unberechenbare sind nicht mehr so ausgeprägt wie vor einigen Monaten noch. Dabei bringt der Modellathlet alles mit, was es braucht, Trainer Dino Toppmöller nennt ihn ehrfürchtig „kleine Maschine“, das Adjektiv „klein“ könnte man getrost streichen.
Collins aber wird sicher auch am Samstag (18.30 Uhr/Sky) im Topspiel gegen den Meister Bayer Leverkusen ein Glied der hessischen Abwehrkette bilden, denn Coach Toppmöller gehen die Verteidiger aus. Ausgerechnet vor dem Heimspiel gegen den längst wieder erstarkten Titelträger. Das liegt daran, dass sich der Brasilianer Tuta in München seine fünfte Gelbe Karte abholte und folglich am Wochenende zum Zuschauen verdammt ist. Der 25-Jährige hatte zuvor Robin Koch als Abwehrchef vertreten. Der deutsche Nationalspieler fiel zuletzt wegen eines Bänderrisses in der Schulter aus. Ob er gegen Leverkusen schon sein Comeback geben kann? Zweifel sind zumindest angebracht. Der 28-Jährige ist zwar am Mittwoch wieder in Teile des Mannschaftstrainings eingestiegen, hielt sich aber in manchen Situationen, in denen harter Körperkontakt unvermeidbar gewesen wäre, noch zurück. Was aber tun, wenn Koch nicht rechtzeitig fit wird?
Coach Toppmöller hätte dann die Möglichkeit, auf eine Viererkette umzustellen – wie schon im Hinspiel in Leverkusen, das die Frankfurter denkbar unglücklich mit 1:2 verloren. Dann würden Rasmus Kristensen und Nathaniel Brown außen verteidigen, Collins und Arthur Theate die Innenverteidigung bilden. Fraglich aber, ob Toppmöller gegen die schnellen Leverkusener Schienenspieler diese Variante wählen wird, zumal er zuletzt stets die Dreierkette präferierte.
Aber was tun, wenn es das Personal nicht hergibt? Die Frage ist ja auch, ob der Fußballlehrer dem Schweizer Aurele Amenda einen Einsatz zutrauen würde. Der 21-Jährige ist nach seinem Syndesmosebandriss zwar seit gut einem Monat wieder im Training, hat aber seit dem 7. November, also seit mehr als einem Vierteljahr, keine einzige Sekunde gespielt – und dann ausgerechnet gegen die Leverkusener Offensivkünstler?
Heimstärke als Trumpf
Für die Eintracht wird es am Samstag generell darum gehen, die Werkself irgendwie einzudämmen. Das wird nicht nur mit resoluter Verteidigungsarbeit gelingen, sondern auch mit einem mutigen und wehrhaften Auftreten in allen Mannschaftsteilen. Auf die Eintracht wartet ein richtiger Brocken, die Bayer-Elf hat in dieser Saison erst ein Spiel in der Liga verloren, gleich am zweiten Spieltag gegen Leipzig, in der Fremde hielt sie sich in elf Begegnungen schadlos (sechs Siege, fünf Remis).
Die Frankfurter setzen ihre Heimstärke dagegen, in 16 Pflichtspielen zogen sie nur einmal den Kürzeren, beim 1:3 gegen Mainz kurz vor Weihnachten. Sie wollen mit den Fans im Rücken den dritten Platz mit aller Macht untermauern, dazu müssen auch gegen ein Schwergewicht mal Punkte her.
Interessant zu sehen wird zudem, wie sich die Eintracht dem Pressing des Meisters entziehen will. Gegen Bayern München, bei diesem irrwitzigen null zu null, entnervten die Leverkusener den Spitzenreiter mit einer Mann-gegen-Mann-Deckung übers ganze Feld, jagten die Münchner über den Platz und kauften ihnen den Schneid ab.
Da müssen sich die Frankfurter taktisch etwas einfallen lassen und zudem eine ganz andere andere Ballsicherheit als zuletzt an den Tag legen. Ansonsten wird die Dominanz des Meisters den Herausforderer aus Frankfurt irgendwann erdrücken.
