Borussia Dortmund befindet sich auf einem schwierigen Drahtseilakt


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Der BVB hat in der Champions League keine optimale Ausgangsposition für das Rückspiel. Zuerst muss jedoch die Aufmerksamkeit der Bundesliga gelten.

Dortmund – Niko Kovač legt in seinen ersten Wochen als Cheftrainer von Borussia Dortmund großen Wert darauf, eine positive Atmosphäre zu schaffen. Er hat schnell bemerkt, wie angeschlagen das Selbstvertrauen seiner Spieler ist und versucht ständig, ihnen Mut einzuflößen.

Das 1:1 im Achtelfinalhinspiel der Champions League gegen den OSC Lille bewertet Kovač deshalb nicht als Rückschlag. Er sieht es als ein Resultat, das zwar nicht den Erwartungen entsprach, aber dennoch alle Chancen für das Rückspiel in Frankreich offen hält.

Bis Samstagabend darf beim BVB nur die Bundesliga zählen

Am Mittwochabend um 18.45 Uhr wird entschieden, ob der BVB das Viertelfinale erreicht. Ein Weiterkommen im Auswärtsspiel wäre aus mehreren Gründen wichtig: Es würde das Selbstbewusstsein stärken, finanzielle Vorteile bringen und das Ansehen von Dortmund erhöhen.

Ein Fehler, den der BVB vermeiden muss, ist, sich zu früh auf Lille zu konzentrieren. Bis Samstagabend muss die gesamte Aufmerksamkeit der anspruchsvollen Bundesliga-Partie gegen den FC Augsburg gelten (Samstag, 15.30 Uhr).

BVB hat wieder Hoffnung auf die Champions-League-Plätze

In der Bundesliga hat Dortmund nach Siegen gegen Union Berlin und beim FC St. Pauli sowie durch die Ergebnisse der Konkurrenz wieder Hoffnung geschöpft. Der zehnte Tabellenplatz bleibt miserabel, der Rückstand auf RB Leipzig und den sechsten Rang beträgt aber nur noch drei Zähler. Sechs Punkte trennen Dortmund von der Überraschungsmannschaft Mainz 05 und einem Champions-League-Platz.

Für den BVB ist die Qualifikation für die nächste Champions-League-Saison wichtiger als der aktuelle Wettbewerb.
Fitnessfragen begleiten den BVB in der heißesten Saisonphase. © IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Hahne

Der bevorstehende 25. Spieltag hat eine besondere Brisanz, da sich mit Mainz und Borussia Mönchengladbach sowie dem SC Freiburg und Leipzig vier Mannschaften gegenüberstehen, die Dortmund im Idealfall noch überholen möchte. Dies ist jedoch nur von Bedeutung, wenn der BVB seine Aufgabe gegen Augsburg erfolgreich meistert.

Dortmund kann sich keine Schonung leisten

Ein Blick auf den Champions-League-Abend in Lille ist daher nicht gestattet. Kovač wird auch personell keine Rücksicht nehmen können. Der BVB kann es sich nicht erlauben, Schlüsselspieler zu schonen, sondern muss den heiklen Balanceakt zwischen der Aufholjagd in der Bundesliga und einem entscheidenden K.-o.-Spiel in der Königsklasse hinlegen. Die Altlasten, die der Trainer Anfang Februar übernommen hat, wiegen zu schwer.

Diese Probleme wurden gerade beim leidigen Thema Fitness im Hinspiel gegen Lille am Dienstagabend deutlich. Kovač lag mit einer Vorhersage völlig daneben: Er hatte seinem Team im Verlauf des Spiels klare körperliche Vorteile prognostiziert. Stattdessen ließ sich Dortmund in der zweiten Halbzeit regelrecht den Schneid abkaufen und verlor eklatant viele Zweikämpfe.

Augsburg ist für den BVB nicht von weniger Bedeutung als Lille

Bei einer besseren Ausgangslage in der Bundesliga würde Kovač sicherlich darauf reagieren, im Spiel gegen Augsburg einige Änderungen vornehmen und Kräfte für die entscheidenden 90 bis 120 Minuten in Frankreich schonen. Stattdessen muss der schwierige Spagat gelingen, beide Spiele mit vollem Engagement zu bestreiten.

Wenn überhaupt dürfte sogar das Heimspiel gegen Augsburg für den BVB von größerer Bedeutung sein als das Rückspiel gegen Lille. Sollte Dortmund nach der knappen Niederlage im letztjährigen Finale nicht vom Titel in der Champions League fantasieren, müsste der weitere Verlauf in diesem Wettbewerb als Bonus betrachtet werden. Mit dem Erreichen des Achtelfinales hat Dortmund seine Pflicht bereits erfüllt, die finanzielle Planung der Verantwortlichen geht in der Regel auch nicht darüber hinaus.

Nächste Champions-League-Saison für den BVB immer die wichtigste

Der Einzug ins Viertelfinale wäre ein zusätzlicher Erfolg, aber entscheidender ist, dass die Teilnahme an der nächsten Saison der Königsklasse doch noch erreicht wird. Die finanziellen Einbußen bei einem Verpassen der großen Einnahmen könnten gravierend sein.

Wie Sport Bild berichtet, würde der Mannschaftsetat um 30 Millionen Euro sinken, falls der BVB in der kommenden Spielzeit weder in der Champions League noch in der Europa League vertreten wäre. Auch die Sponsoringeinnahmen dürften zurückgehen, wenn der Dauergast den wichtigsten Klubwettbewerb der Welt verpassen sollte.

Der BVB hat seinen Fans schon viel abverlangt

Hans-Joachim Watzke, der scheidende BVB-Geschäftsführer, deutete bereits vor einigen Wochen an, dass Dortmund wohl gezwungen wäre, Spieler zu verkaufen, um finanzielle Lücken zu schließen. Dies würde aber auch die ohnehin schon fragwürdige sportliche Substanz der Schwarzgelben weiter schwächen. Ob Spieler wie Karim Adeyemi, Jamie Gittens oder Gregor Kobel, die als naheliegende Verkaufskandidaten gelten, gleichwertig ersetzt werden könnten, sei dahingestellt.

Zwar hat der BVB grundsätzlich sicher das Potenzial, den Balanceakt zwischen Bundesliga und Champions League erfolgreich hinzulegen. Doch die schwierige Saison hat den Fans bereits viel abverlangt. Sie sind kaum noch bereit, der Mannschaft von Niko Kovač einen Vertrauensvorschuss zu gewähren.



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