
Borussia Dortmund steht vor dem Rückspiel gegen Sporting mit anderthalb Beinen im Achtelfinale der Champions League. Ein Ausscheiden wäre historisch.
Dortmund – Die Champions League ist für Borussia Dortmund in der laufenden Saison so etwas wie eine Wohlfühloase. Aus neun Spielen holte der BVB sechs Siege, vor dem Rückspiel in der Playoff-Runde gegen Sporting am Mittwoch (18.45 Uhr, alle TV-Infos) steht das Team von Trainer Niko Kovač schon mit anderthalb Beinen im Achtelfinale.
Beim portugiesischen Meister und aktuellen Tabellenführer hatte Dortmund in der Vorwoche überraschend deutlich mit 3:0 gewonnen. Jedoch ist dem BVB einmal mehr misslungen, den Schwung aus dieser Partie mit in den tristen Alltag in der Bundesliga zu nehmen. Nach der 0:2-Blamage im kleinen Revierderby beim VfL Bochum unken viele Fans, dass der Truppe selbst das Verspielen des Vorsprungs gegen Sporting zuzutrauen ist.
Niko Kovač warnt Dortmund: „Es ist erst Halbzeit“
Dabei handelt es sich freilich vor allem um Galgenhumor, dessen sich die Fans bedienen, um die desaströse Bundesliga-Saison zu ertragen. Ernsthaft an ein Aus des BVB gegen Sporting glaubt kaum jemand. Chefcoach Kovač warnte seine Mannschaft dennoch eindringlich davor, bereits mit dem Achtelfinale zu planen.
„Ich bin Fußballer. Die Runde ist noch nicht vorbei, es ist erst Halbzeit. Ich erwarte ein hartes Spiel für uns, wir gehen da mit 100 Prozent an die Sache. Es gibt kein Kalkulieren, wir wollen das Spiel gewinnen. Gehen Sie davon aus, dass wir nicht zu viel verändern werden“, schloss Kovač am Dienstag in der UEFA-Pressekonferenz Rotation, um Kräfte zu schonen, aus. „Wir sind nicht so dumm zu sagen, dass die Sache schon durch ist.“
Ein BVB-Aus wäre ein historisches Novum
Ein Aus des BVB hätte jedoch absolut historische Ausmaße.
In der Geschichte der Champions League, die seit 1992/93 unter dieser Bezeichnung firmiert, hat es in K.-o.-Runden erst sechs Duelle gegeben, in denen die Mannschaft, die im Rückspiel auswärts antreten musste, einen Rückstand noch aufgeholt und sich durchgesetzt hat. Dazu trug auch die inzwischen in allen Europapokalen abgeschaffte Auswärtstorregel bei.

Sollte der BVB tatsächlich eine Drei-Tore-Führung verspielen, wäre es ein völliges Novum: Das größte Auswärtscomeback in der Geschichte der Königsklasse legte Manchester United im Achtelfinale der Saison 2018/19 gegen Paris Saint-Germain hin. Der englische Rekordmeister verlor das Hinspiel daheim mit 0:2, gewann aber in Frankreich wegen eines späten Handelfmeters mit 3:1 und dankte somit der Auswärtstorregel fürs Weiterkommen.
Die fünf übrigen Fälle von Comebacks der Gästeteams im Rückspiel einer K.-o.-Runde geschahen nach Heimniederlagen mit nur einem Treffer Unterschied.
Immer wieder Barça: Die heftigsten Comebacks
Selbst wenn die Portugiesen am Mittwochabend Heimrecht hätten, wäre derweil ein Comeback von Sporting eine historische Angelegenheit: In lediglich drei K.-o.-Duellen konnten Heimteams einen Drei-Tore-Unterschied noch umbiegen.
- 2003/04 gelang Deportivo La Coruña nach einem 1:4 bei der AC Mailand im Rückspiel ein 4:0
- 2017/18 gelang der AS Rom nach einem 1:4 beim FC Barcelona im Rückspiel ein 3:0 (Auswärtstorregel)
- 2018/19 gelang dem FC Liverpool nach einem 0:3 beim FC Barcelona im Rückspiel ein 4:0
Das größte Comeback der Champions-League-Historie ist indes so außergewöhnlich, dass es unter einem eigenen Namen bekannt ist: Barça legte im März 2017 gegen PSG ‚La Remontada‘ hin. Die Katalanen verloren das Hinspiel in Paris mit 0:4, im Camp Nou schien es bis tief in die Schlussphase hinein, als würde sich PSG ins Viertelfinale der Königsklasse retten. Durch Treffer von Neymar (88., 90.+1) sowie Sergi Roberto (90.+5) gelang Barça das legendärste Comeback der Champions League.
Sporting ist ohne zwei Topstars angereist
Der Glaube an ein ähnliches Wunder von Sporting, noch dazu beim Auswärtsspiel in Dortmund, ist nicht sonderlich ausgeprägt. Der portugiesische Meister reist sogar ohne zwei seiner besten Spieler an. Stürmer Viktor Gyökeres und Mittelfeldmann Trincão, die es in dieser Saison zusammen auf 63 Scorerpunkte bringen, sind in Lissabon geblieben.
Dass sich Sporting vor allem um die Titelverteidigung in der Liga kümmert, hatte Ricardo Granada, Experte bei der portugiesischen Sportzeitung Record, gegenüber fussball.news, dem Fußball-Portal von IPPEN.MEDIA, bereits vor dem Hinspiel erläutert.
Nachdem der amtierende Meister am Wochenende gegen den FC Arouca nur Remis spielte, ist der Vorsprung gegenüber dem ärgsten Verfolger Benfica auf nur noch zwei Zähler zusammengeschrumpft. Für die Mini-Chance auf ein historisches Comeback gegen den BVB will Trainer Rui Borges keine Risiken bei seinen wichtigsten Spielern eingehen. Trincão stand bei 38 Saisonspielen 37 Mal in der Startelf und soll eine Pause erhalten, Gyökeres hat zuletzt eine Oberschenkelblessur auskuriert.