
Jonas Hofmann erlebt derzeit die schwierigste Phase seiner Karriere. Zwar konnte sich der 32-Jährige in Leverkusen seinen Titeltraum erfüllen, doch sportlich spielt er unter Trainer Xabi Alonso gar keine Rolle mehr.
Xabi Alonso ist ein Freund großzügiger Rotationen. Mal tauscht er fünf Spieler aus, mal sechs, manchmal sogar noch mehr. Im vergangenen Double-Jahr erwies sich diese Vorgehensweise schließlich als Erfolgsformel. Der Spanier begründete sein munteres Wechselspiel einerseits damit, dass die Belastung inmitten der unzähligen englischen Wochen nur so zu bewältigen sei.
Zum anderen gebe es Konkurrenz auf fast allen Positionen. Ausfälle wirkten sich daher deutlich weniger auf die Qualität des Spiels der Werkself aus.
Auch in der vorigen Woche war wieder die ganze Breite des Kaders gefragt, um die Strapazen des eng gestrickten Terminkalenders zu bewältigen. Am Sonntag das 3:1 gegen Hoffenheim, am Mittwoch 3:2 im Derby gegen Köln, dem einen kräftezehrende Verlängerung vorausging, Samstag schon das nächste Duell gegen Wolfsburg.
Eine Radikalrotation folgte, gleich achtmal baute Alonso seine Startelf in Niedersachsen um. Auffällig dabei: Alle einsatzbereiten Spieler durften in diesen doch stressigen Tagen mindestens einmal von Beginn an ran. Bis auf einen: Jonas Hofmann.
Der 32-Jährige macht in Leverkusen offensichtlich keine leichte Zeit durch. Nachdem er bereits in der Rückrunde des Vorjahres seinen Stammplatz verloren hatte, geriet Hofmann nach einer schwereren Oberschenkelverletzung im Dezember völlig ins Hintertreffen und kämpft seitdem um sein Ansehen in der Mannschaft.
Gerade mal 34 Minuten stand er nach der Winterpause und seinem Comeback auf dem Rasen. Natürlich viel zu wenig für einen früheren Nationalspieler, der vor gut eineinhalb Jahren noch als absoluter Leistungsträger über den Rhein wechselte.
Hofmann? „Es ist nicht einfach für ihn“
Woran das liegt? „Er braucht Spielzeit. Es ist nicht einfach für ihn, diese Zeit zu haben“, sagte Alonso zuletzt, „wir haben gesprochen. Jonas ist bereit, wenn wir ihn brauchen.“ Nur braucht er ihn offenbar nicht mehr so richtig.
Zumindest war das im vollgepackten Januar selten der Fall. „Er hat die Erfahrung, er hatte aber auch diese einmonatige Verletzung im Dezember“, ergänzte der Baske mit Blick auf seinen Schützling, bevor er die Lage eindeutig beschrieb: „Aber ja, er braucht ein bisschen mehr Einsätze. Ich hoffe, dass er sie bekommt. Seine Stimmung ist dementsprechend – natürlich wollen alle spielen.“
Fraglich ist allerdings, wann Hofmann in Leverkusen überhaupt wieder Spielpraxis sammeln und seinen Rhythmus finden kann. Selbst als mit Amine Adli und Martin Terrier die direkten Konkurrenten um den Platz im offensiven Mittelfeld neben dem gesetzten Zauberer Florian Wirtz verletzungsbedingt ausfielen, nutzte Alonso die Dienste des gebürtigen Heidelbergers nur mit kurzen Ausnahmen.
Adli ist nun zurück, er rückte in Wolfsburg (0:0) erstmals nach seinem Wadenbeinbruch wieder in den Kader. Zudem holte Bayer im Winter mit Emiliano Buendía einen weiteren spielintelligenten Zehner.
Keine guten Aussichten für Hofmann. Die Wahrscheinlichkeit, dass seine ohnehin geringen Spielanteile weiter sinken statt steigen, scheint groß. Zumal Leverkusen die Belastung von vier englischen Wochen in Folge erst einmal hinter sich gebracht hat.
Bis Anfang März wird es ruhiger, Alonsos Rotationen dürften entsprechend kleiner ausfallen. Eine verzwickte Lage, die der Betroffene realisiert hat. Hofmann lässt sich zwar nicht hängen, macht seinem Unmut aber zunehmend Luft.
Bei den letzten Heimspielen ging er stets als Erster aus dem Stadion. Wortlos, mit finsterer Miene, wenige Minuten nach Spielschluss, selbst bei positivem Endergebnis.
Hofmann kann seinen Frust nicht verbergen
Auch ein Frustschlag gegen die Kabinentür war dabei. Verübeln kann man ihm das wohl nicht, immerhin hatte sich Hofmann für die laufende Saison eine Menge vorgenommen.
Nicht nur bei Bayer, auch beim Thema Nationalmannschaft. Dorthin wollte der zuletzt immer wieder schwächelnde Offensivspieler, der von Bundestrainer Julian Nagelsmann letztmals im November 2023 nominiert wurde, gerne zurückkehren.
Doch die Realität sieht anders aus. Selten war er wohl so weit vom DFB-Team entfernt wie in diesen Tagen – angesichts seiner Veranlagung ein mittelgroßes Fiasko. Leicht provokant könnte man inzwischen meinen: Hofmann hat sich schlichtweg verwechselt.
Natürlich erfüllte sich Hofmann seinen großen Lebenstraum von Titelgewinnen, sowohl die Meisterschale als auch den DFB-Pokal hielt er seit seinem vor gut anderthalb Jahren so viel diskutierten Wechsel zu Bayer Leverkusen in den Händen.
Dazu durfte er sich wieder auf internationaler Ebene, der Europa League und Champions League, präsentieren, was bei den in den letzten Jahren sportlich hinterherhinkenden Gladbachern nicht möglich gewesen wäre. Nur war das Investment im Nachhinein ein großes.
Titel statt Fußballromantik
In Gladbach hätte Hofmann ein absoluter Fixpunkt sein können. Geschäftsführer Roland Virkus bemühte sich intensiv, eine Mannschaft um ihn herum aufzubauen.
Wie einst Tony Jantschke, Patrick Herrmann oder Lars Stindl hätte Hofmann zu einer Legende werden können, die dem Verein auch in schwierigen Zeiten die Treue hält. Allerdings stellte er die Fußballromantik hinten an, stattdessen räumte er zwei Trophäen ab, die ihm niemand mehr nehmen kann.
Einziger Haken: Rein sportlich droht der Offensivspieler langsam in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Mehr als 533 Pflichtspielminuten waren ihm in der laufenden Saison noch nicht vergönnt.
Adli, Buendía, Nathan Tella und Terrier haben Hofmann, dessen Vertrag bis 2027 läuft, in Leverkusen allesamt den Rang abgelaufen. Sollten sich die Wege schon im Sommer wieder trennen, wäre sicherlich niemand überrascht.