
„Meine Bayern“ heißt die Kolumne von SPORT BILD-Reporter-Legende Raimund Hinko, die sich mit dem deutschen Rekordmeister befasst. Hinko begleitet den FC Bayern seit Jahrzehnten.
Liebe Bayern-Fans,
pünktlich zum 125. Geburtstag haben euch die Spieler ein 4:0 geschenkt. Immerhin gegen den Tabellendritten Eintracht Frankfurt. Immerhin wieder mit einer dominanten Spielweise, die zuletzt wie weggeblasen schien. Das dürfte eure Stimmung ein wenig aufhellen, angesichts des unromantischen Champions-League-Loses gegen Bayer Leverkusen, das nach den zuletzt so trostlosen, sieglosen Spielen gegen Xabi Alonsos Mannschaft nur das Aus im Achtelfinale bedeuten kann. Oder doch nicht?
Für alle, die immer noch ein wenig Hoffnung auf ein „Finale dahoam“ am 31. Mai in der Allianz Arena in sich tragen: Ein Blick in die Geschichte lehrt, dass es durchaus nützlich ist für die Dynamik des Bayern-Spiels, wenn es am Anfang nur mit Ach und Krach in die nächste Runde geht. So wie zuletzt bei dem Gekrampfe gegen Celtic Glasgow. Und so wie im Herbst 1973 gegen den schwedischen Meister Advidaberg, einem Dorfverein mit einem Stadion, das mit 9201 Zuschauern aus allen Nähten platzte.
Nach dem 3:1-Hinspiel-Sieg waren die Bayern dort nach einer 3:0-Führung der laufstarken Schweden so gut wie ausgeschieden, u.a. weil zweimal der immer lieb lächelnde Conny Torstensson getroffen hatte. So sympathisch, dass Präsident Wilhelm Neudecker schon zur Pause anordnete: „Den mit den roten Schuhen will ich haben.“
Kurz vor Schluss glückte Uli Hoeneß noch das 3:1, man rettete sich ins Elfmeterschießen. Auch Torstensson traf wieder, doch Gerd Müller, wieder Hoeneß und Franz Beckenbauer schossen die Bayern ins Achtelfinale. Dort im Rückspiel bei Dynamo Dresden (also auch deutsch-deutsches Duell) lief Uli Hoeneß auf morastigem Boden von der Mittellinie zweimal einem gewissen Ede Geyer, einem DDR-Idol, auf und davon – zu den beiden entscheidenden Toren zum 3:3 (natürlich traf auch Müller).
In der Winterpause kam dann Torstensson für 480.000 D-Mark Ablöse (ja, auch damals waren Transfers keine Schnäppchen) nach München und wurde zum Mister Europacup, schoss die Bayern mit vier Toren ins Finale gegen Atlético Madrid, wo bekanntlich Hoeneß beim 4:0 im Wiederholungsspiel, wieder nach zwei Sololäufen, den ersten Europacup der Landesmeister, die heutige Champions League, gewann.
Und Torstensson mit den roten Schuhen? Traf in 21 Europacupspielen für Bayern noch zehnmal, was den Münchnern den Europacup nach 1974 ein zweites (1975) und drittes Mal (1976) gewinnen ließ.
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Warum ich den alten Schmarrn erzähle? Weil er immer noch lebt, dieser Henkelpott. Weil es eine großartige Zeit war. Voller märchenhafter Geschichten. Grandios.
Und als Aufmunterer gedacht nicht nur für euch, liebe Fans. Die Spieler sollen sich aufrichten, vielleicht rausfahren an den Tegernsee zum Partron – ja richtig, zu Uli Hoeneß, der so herrlich den Übergang in die Gegenwart gefunden hat, als wäre er selbst schon 125 Jahre alt! Wehe, einer lacht. Wo doch Hoeneß im neuen Buch von SPORT BILD erzählt, wie das Mia-san-mia entstanden ist. Vielleicht findet Trainer Vincent Kompany dort draußen in der frischen Luft einen Torjäger in roten Schuhen. Muss ja kein Schwede sein. Auch am Tegernsee rennen genügend „Keandlgfuadade“ rum, Jungs, die mit Körnern stark gefüttert werden, so wie Thomas Müller einst am Ammersee. Einer, der diesem Basken von Alonso zeigt, dass es langsam reicht mit ihm als Angstgegner. Schließlich hat er lang genug selbst (von 2014 bis 2017) das rote Bayern-Trikot getragen.
Wär doch übrigens auch ein Job für den Thomas, wenn er sich zurückzieht mit 35. Talente erkennen, dem Trainer sagen: „Der spielt immer.“ Einen Rückzug von Müller will ja niemand. Und vielleicht hat er eine Idee, wie man Xabi Alonso stoppt. Am besten gleich. Das hat Vorrang.
Ach ja: Euch allen Glückwunsch zum 125. Geburtstag. Nicht vergessen – das Buch zum 125. Geburtstag von SPORT BILD lesen!