Karim Adeyemi blüht bei Borussia Dortmund unter Niko Kovac

Karim Adeyemi blüht bei Borussia Dortmund unter Niko Kovac


Um die Geschichte des Fußballprofis Karim Adeyemi zu verstehen, lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten und aus der Ferne nach Dortmund zu blicken, zum Beispiel aus dem süditalienischen Neapel. Zu sehen ist dann ein Sportler, der Phantasien weckt. Einer dieser seltenen und sehr begehrten Flügelspieler, die nicht nur rasend schnell rennen, sondern auch geschickt Haken schlagen können.

Ein Mann, der an guten Tagen kaum zu stoppen ist, der Tore schießt, dessen technische Brillanz fasziniert, der sogar köpfen kann. Aus der Ferne sieht Karim Adeyemi aus wie ein Spieler, für den ein ambitionierter Klub auch mal 40 oder 50 Millionen Euro ausgeben kann, weil er das Potential hat, Spiele zu entscheiden.

Sogar in den größten Wettbewerben, in der Bundesliga, in der Champions League, wo Adeyemi mit seinem BVB am Dienstagabend (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei Prima Video) im Hinspiel des Achtelfinales auf den OSC Lille trifft. Er mag diesen Wettbewerb.

Er hatte den Titel auf dem Fuß

Beinahe hätte der 23 Jahre alte Dortmunder schon dem verlorenen Cham­pions-League-Endspiel des BVB gegen Real Madrid im vergangenen Jahr mit einem oder zwei Toren eine ganz andere Richtung gegeben. Er hatte den Titel sozusagen auf dem Fuß.

Und auch in der laufenden Saison hat Adeyemi in seinen sechs absolvierten Partien in der Champions League bereits vier Tore erzielt und ein weiteres vorbereitet. Kein Wunder also, dass dieser Typ ambitionierte Manager in Italien, Spanien und England reizt.

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Das Aufspüren von stagnierenden oder hadernden Großtalenten, die nur ins richtige Umfeld überführt werden müssen, um dort aufzublühen, ist eine Art Königsdisziplin in der Kaderplanung. So erklärt sich, dass der Transfermarktinsider Fabrizio Romano im Januar behauptete, dass die SSC Neapel im Winter eine Ablösesumme zwischen 40 und 50 Millionen Euro für Adeyemi geboten habe, und das passende Zitat von dem neapolitanischen Sportchef Giovanni Manna gleich mitlieferte: „Ich kann bestätigen, dass wir uns mit Borussia Dortmund einig waren. Ich habe Karim in Deutschland getroffen, aber der Deal platzte, weil er nicht zu uns wechseln wollte.“

Dort, wo viele Leute Adeyemi in jedem seiner Spiele sehen, wo sie die Geschichten von seiner nicht immer ganz professionellen Lebensweise kennen, wurde gestaunt über diese angebliche Offerte, von der Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl sagte, dass es sie nie gegeben habe.

„Dann ist er schwer zu bremsen“

In jedem Fall ist Adeyemi immer noch beim BVB, wo der neue Trainer Niko Kovac klug genug ist, den Problemspieler gelöst von der Vorgeschichte zu betrachten. „Karim kriegt von mir das Vertrauen, das jeder Spieler braucht“, sagte Kovac schon vor seinem ersten Spiel als Trainer in Dortmund: „Ich wünsche mir für ihn und für uns, dass er die Fähigkeiten, die er hat, voll reinwirft, denn dann ist er schwer zu bremsen und dann ist auch der BVB schwer zu bremsen.“

Kovac beobachtet Adeyemi seit Jahren, er kennt das Potential und die großartigen Momente dieses Fußballers. Zum Beispiel sein atemraubendes 1:0-Siegtor im Achtelfinale der Champions League vor zwei Jahren gegen den FC Chelsea. Alle in Dortmund wollen mehr davon.

Demgegenüber stehen jedoch Verletzungen, seine Neigung, mit Schwalben Elfmeter schinden zu wollen, und mitunter lustlos wirkende Auftritte, die in einer ohnehin nicht stabilen Mannschaft besonders destruktiv aussehen. Adeyemi produziert wirre Aktionen, denen mehr gedankliche Klarheit guttäte. Er ist ein Spieler, der nicht in allen Phasen seiner Dortmunder Zeit so professionell lebte, wie es von einem Angestellten mit Millionengehalt erwartet wird, der sich schwer tat mit der Fleißarbeit in der Defensive.

Im Umfeld des BVB zweifeln inzwischen viele Beobachter, dass Adeyemi irgendwann die Konstanz und die Reife entwickelt, die er braucht, um zu einer prägenden Figur bei einem der besten Klubs der Welt und vielleicht auch wieder in der deutschen Nationalmannschaft zu werden.

„Jetzt zählt es für ihn“

Am Samstag nach dem Dortmunder Sieg beim FC St. Pauli wurde Adeyemi im Sky-Interview nach seiner Wechseloption im Winter befragt, seine Antwort war so unsortiert wie seine Zeit in Dortmund bisher: „Das ist, glaube ich, wie man in den Medien lesen kann, was jetzt, ich habe, glaub ich, was gelesen jetzt vor Kurzem, dass da was klipp und klar stand – und dazu stehe ich.“ Verstanden hat das niemand.

Auf dem Platz zuvor hatte er sich allerdings von seiner besten Seite gezeigt und später seinem Trainer gedankt. „Er vertraut mir“, sagte Adeyemi über Kovac, nachdem er seinen Auftritt mit einem Treffer und einer Torvorlage veredelt hatte, und wieder einmal stellte sich diese große Frage, die noch niemand beantworten konnte: Warum nicht immer so?

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Kehl berichtete von vielen „Einzelgesprächen“, die er mit Adeyemi geführt habe, bisher ohne den erhofften Durchbruch zu bewirken, und Abwehrchef Nico Schlotterbeck sagte: „Mit seiner Geschwindigkeit kann er so viel rausholen. Jetzt zählt es für ihn, das nicht ein- bis zweimal pro Monat zu machen, sondern jeden Tag.“

Womöglich haben die Dortmunder auch an Adeyemi gedacht, als sie beschlossen, das Team nach den Jahren mit den eher antiautoritär arbeitenden Trainern Edin Terzic sowie Nuri Sahin nun in die Hände eines Mannes zu legen, der eine gewisse väterliche Strenge ausstrahlt. Auf jeden Fall scheint es zu passen mit Kovac, der Adeyemi in seinen ersten Partien beim BVB trotz damals noch schwacher Leistungen viel Spielzeit gewährte.

Das vergangene Wochenende lieferte Argumente für alle, die trotz der vielen Enttäuschungen weiter an diesen Hochbegabten glauben, die Erfahrung hingegen sagt: Vertrauen kann man diesen Eindrücken nicht, weil das Gesamtbild eine andere Geschichte erzählt. Vorerst bleibt Karim Adeyemi ein Rätsel.



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