
Im Pott heulen alle Sirenen
Der BVB ist nur noch ein Debakel vom Höllenschlund entfernt
19.02.2025, 06:33 Uhr
Noch klopft Borussia Dortmund nur am glutleuchtenden Tor zur Hölle. Die Schläge des Pottgiganten werden lauter und lauter. Bald muss der Teufel sich den Verein schnappen. Noch ein Debakel, dann ist es vorbei. Gegen Sporting Lissabon geht es heute um alles und noch viel mehr.
Borussia Dortmund ist im negativen Sinne vieles zuzutrauen – aber das? Inmitten der Krise kann nur ein historischer Kollaps den BVB noch vom Achtelfinal-Einzug in der Champions League abhalten. Zu sicher jedoch will sich nach den Totalausfällen dieser Saison niemand sein.
“Ich bin extrem zuversichtlich”, sagte Sport-Geschäftsführer Lars Ricken vor dem Playoff-Rückspiel gegen Sporting Lissabon am heutigen Mittwoch (18.45 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de). Selbst angesichts des überzeugenden 3:0 aus dem Hinspiel aber “müssen wir gewarnt sein. Es darf nichts passieren, kein schnelles Gegentor.” Nie in der Geschichte der Königsklasse oder des alten Europapokals der Landesmeister, selbst nie in der Europa League, dem UEFA-Cup oder dem Europapokal der Pokalsieger ist eine Mannschaft in der K.-o.-Runde nach einem Drei-Tore-Auswärtssieg noch ausgeschieden.
Also: Wohlfühlminuten im Lieblingswettbewerb? Nein. Dafür ist die Lage nach zwei Niederlagen in den ersten beiden Bundesligaspielen unter dem neuen Trainer Niko Kovac zu brisant. Jeder Sieg kann helfen, das erodierte Selbstbild aufzubauen, eine neue Identität zu finden. In der zweiten Halbzeit in Lissabon sah das hervorragend aus, das 0:2 beim VfL Bochum war dann eine schrille Warnung.
Rickens Löscharbeiten bislang ohne Erfolg
“Wir haben in dieser Saison gesehen, dass das alles noch einigermaßen fragil ist”, sagte Ricken, der in den vergangenen Wochen als Boss zahlreiche Brände ausgetreten hat. “Wir müssen uns die Leichtigkeit in jedem Spiel erarbeiten.” Kovac setzt auf seine Erfahrung. Der 53-Jährige hat im Fußball vieles erlebt, er weiß, worum es geht: “Wir werden nicht die Nerven verlieren.” Noch ein, zwei Bundesliga-Niederlagen aber, dann wird der Champions-League-Sieg womöglich der “leichtere” Weg zur erneuten Qualifikation sein.
Die Achterbahnfahrt bläst dem BVB das Haar nach hinten. Nach einem frühen Tor, “das die Handbremse löst” (Ricken), kann sich die Mannschaft in einen Rausch spielen. Mit Widerständen allerdings weiß sie überhaupt nicht umzugehen, dann rauscht sie herab, dem nächsten Looping entgegen.
Beispiel: Vor dem Bochum-Spiel ist alles wieder einigermaßen rosig gewesen. In einem Zwölf-Minuten-Interview auf der Homepage schwärmte Ricken in seiner Lissabon-Euphorie von Kovac: “Niko kommt ein Stück weit in die Beine, in den Kopf, ins Herz.”
Doch die Beine versagten, der Kopf streikte, das Herz brannte nicht. Das wirkte sich offensichtlich auf die Stimmbänder aus: Sprechen wollten danach weder Ricken noch Sportdirektor Sebastian Kehl noch die Spieler – niemand kam zu den Journalisten in die Mixed Zone. Im Nachgang wirkte Rickens froher Satz vor Bochum plötzlich düster: “Es ist immer wichtig, dass man schnell Erfolgserlebnisse hat, wenn ein neuer Trainer kommt.”
Heute kann aber nicht viel passieren – eigentlich. Denn einen Fall, einen einzigen, gibt es doch: Maccabi Tel Aviv feierte sich im Achtelfinale der Conference League 2023/24 für ein 4:1 bei Olympiakos Piräus. Und schied zu Hause aus.