

Bei Borussia Dortmund steht das internationale Geschäft in Gänze jetzt in Gefahr. Spieler und Offizielle verweigern unsouverän Gang zu den schreibenden Medien. Von Christian Müller
Wenn man wie Trainer Niko Kovac relativ frisch dabei ist bei Borussia Dortmund, dann hilft das offenbar, sich den Dingen unaufgeregt zu nähern. „Wir werden nicht die Nerven verlieren, sondern das alles sachlich wie bisher auch machen“, sagte der Kroate nach der 0:2 (0:2)-Niederlage im Revierderby beim VfL Bochum zu möglichen Maßnahmen, die für den BVB und seine Spieler aus diesem neuerlichen Rückschlag folgen könnten.
Kovac ist der erste BVB-Trainer seit Timo Konietzka vor 41 Jahren, der seine ersten beiden Bundesligapartien verlor. Sein Team hat nun acht Punkte Rückstand auf das Minimalziel Rang vier und die damit verbundene erneute Champions-League-Teilnahme. „Wir können die Situation schon einschätzen. Wir sind Elfter – weit weg von dem, wo wir hin wollen. Aber wir müssen jetzt auch gar nicht nach oben schauen. Wir müssen zusehen, dass wir erst einmal wieder Spiele in der Bundesliga gewinnen“, führte Kovac aus – und malte zur Einordnung der Schmach von Bochum ein Bild: „Das ist unsere Hausarbeit. Champions League ist nur die Sahne auf der Torte.“
Die Dinge wiederholen sich in für den BVB unschöner Regelmäßigkeit. Groß war die Hoffnung bei Schwarz-Gelb nach dem 3:0-Erfolg in Lissabon im Playoff-Hinspiel der Champions League gewesen, dass dies so etwas wie das endgültige Signal für eine nachhaltige Trendumkehr in dieser bislang so verkorksten Saison werden würde. Es kam anders – wieder einmal. Der hochgradig abstiegsgefährdete VfL Bochum profitierte zwar von Dortmunder Fehlern, war der Borussia aber vor allem körperlich und kämpferisch deutlich voraus – und im zweiten Durchgang einem eigenen dritten Treffer näher als die Gäste dem Anschlusstor.
Die fünfte Bundesliganiederlage im siebten Spiel des Jahres verdarb dann auch hinter den Kulissen offenbar massiv die Stimmung. Jedenfalls blieben die Dortmunder Profis, nachdem sie die dringlichsten Wünsche der TV-Partner erfüllt hatten, der Interviewzone in Bochum fern. Auch Sport-Geschäftsführer Lars Ricken und Sportdirektor Sebastian Kehl schwiegen diesmal.
Menschlich kann man dieses Vorgehen durchaus nachvollziehbar finden. Denn wer hat schon Spaß daran, die offenkundigen sportlichen Unzulänglichkeiten des eigenen Teams in immer kürzer werdender Taktung wiederkehrend zu erklären – zumal sich die Fragen in Teilen gewiss genauso ähneln wie die schwachen Leistungen. Irgendwann ist jeder Erklärungsansatz ausgeleuchtet, jeder Appell ausgesprochen, jedes Plädoyer gehalten, jedes Krisensymptom beschrieben. Irgendwann fällt einem wohl nichts mehr ein, was noch Erkenntnisgewinn versprechen könnte. Und doch wirkt das weitgehende Dortmunder Schweigen ähnlich unsouverän wie zuvor die Darbietung auf dem Platz.
Schwere Prüfungen
Es erhärtet sich der Eindruck, dass der BVB derzeit weniger ein schlafender als ein schrumpfender Riese ist. Regelmäßig wird er von vermeintlich schwächeren Teams mit ähnlichen Mitteln geschlagen. Zu oft hat Schwarz-Gelb weder körperlich noch spielerisch ausreichend dagegen zu setzen.
Spätestens seit Bochum ist die Gefahr real, nicht nur die Champions League, sondern das internationale Geschäft in Gänze zu verpassen. Zumal die ganz schweren Prüfungen noch kommen. Das Achtelfinale in der Königsklasse mag nach dem Höhepunkt von Lissabon so gut wie gebucht sein. Doch in der Liga folgen die harten Auswärtsspiele in Leipzig, München und Leverkusen.