BVB: Warum Dortmunds Top-Talent Jamie Gittens seine

BVB: Warum Dortmunds Top-Talent Jamie Gittens seine
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Es sollte seine Saison werden – und sie begann auch mehr als verheißungsvoll. Mittlerweile ist Jamie Gittens, das Top-Talent von Borussia Dortmund, allerdings auf der Suche nach seiner Form. Das hat mehrere Gründe.

Jamie Gittens hatte auch am Dienstag erneut früher Feierabend als erhofft und wollte nach Hause. Er war in der Halbzeitpause des Rückspiels der Dortmunder in der Play-off-Runde gegen Sporting Lissabon ausgewechselt worden. Nach Spielende stand er vor dem Kabinentrakt im Stadion und wartete auf das Shuttle-Fahrzeug, das die BVB-Spieler zu ihren Privatwagen chauffiert. Er hatte die Kapuze seines Hoodies hochgezogen, seine Körpersprache signalisierte, dass er eher nicht sprechen will – auch nicht über den Einzug ins Achtelfinale der Champions League. Denn dazu hatte das schmucklose 0:0 ja gereicht, da das Hinspiel eine Woche zuvor mit 3:0 gewonnen werden konnte.

Dabei ist die Champions League so etwas wie das Lebenselixier von Gittens – der Wettbewerb, für den er am meisten brennt. Das hatte der 20-jährige Engländer, der als eines der größten Talente der Bundesliga gilt, zu Beginn der laufenden Saison anschaulich unter Beweis gestellt. Er war beim ersten Spiel des BVB in der Liga-Phase beim FC Brügge nach 70 Minuten eingewechselt worden und hatte es dann quasi im Alleingang entschieden, als er das 2:0 und 3:0 für Dortmund erzielen konnte. Anschließend war er grinsend durch die Katakomben des Jan-Breydel-Stadions gelaufen und hatte den Journalisten stolz den „Man-of-the-Match“-Award der Uefa gezeigt: „Nicht schlecht, oder?“ Seitdem ist Gittens Stammspieler und steht bei vielen Vereinen auf dem Zettel.

Doch seitdem sind auch viele andere Dinge passiert – beim BVB und bei Gittens. Die Dortmunder schlitternden in eine Krise, mussten den Trainer wechseln – und Gittens, der trotzdem lange eine der wenigen positiven Entwicklungen in einer schwierigen Saison war, verlor irgendwann seine Leichtigkeit. Beides hängt miteinander zusammen.

Seit dem letzten Hinrundenspiel in der Bundesliga, einer 2:4-Niederlage bei Holstein Kiel, hat er weder ein Tor erzielt noch eines vorbereitet. Das war in der ersten Hälfte der Saison noch ganz anders gewesen. Da hatte der Tempodribbler in 14 von 17 Spielen immer eine Torbeteiligung verbuchen können. Er war Publikumsliebling.

Kehl stärkt Gittens

Das ist er mittlerweile nicht mehr, wie er am vergangenen Samstag schmerzlich erfahren musste. Der BVB verlor 0:2 in Bochum, ihm persönlich gelang nicht viel. In der 58. Minute wurde Gittens ausgewechselt. Als er dann hinter dem Tor entlang zur Dortmunder Bank gehen wollte, wurde er von den Fans ausgepfiffen und angefeindet. Gittens blieb stehen, drehte sich um und lieferte sich mit den Pöblern ein Wortgefecht. Mitspieler eilten hinzu, um ihn zu beruhigen.

„Jamie ist ein super wichtiger Spieler für diese Mannschaft, der in dieser Saison einen großen Schritt nach vorn gemacht. Er hat momentan ein paar kleinere Themen, die sind aber auch nicht schlimm“, sagte Sebastian Kehl. Dies sei in der Karriere eines jungen Profis nicht ungewöhnlich. Er durchlaufe eine Talsohle, wenn man so will: eine vorübergehende Sinnkrise. Das ändere aber nichts an dem Vertrauen, das Gittens im Klub entgegengebracht werde. „Ich weiß, dass der Trainer ihn sehr schätzt. Er genießt große Wertschätzung in der Mannschaft, ist ein Unterschiedsspieler. Wir werden alles dafür tun, damit er das Lächeln zurückbekommt, damit er Tore schießt, dass er Vorlagen gibt. Dafür ist er gemacht“, so der BVB-Sportdirektor.

Das Problem ist jedoch: In seiner derzeitigen Verfassung kann Gittens dem BVB kaum helfen, um in der Bundesliga endlich eine Aufholjagd zu starten. Das scheint auch Niko Kovač zu befürchten. Der neue Dortmunder Trainer ist sich bewusst, dass er die Schnelligkeit und Explosivität des Flügelstürmers braucht, um das zuletzt oftmals statisch wirkende Offensivspiel zu beleben. Deshalb hat er Gittens ja in allen vier Pflichtspielen seit seiner Amtsübernahme starten lassen – obwohl er gleichzeitig auch die Notwendigkeit sieht, dass der eigentlich mal eine Pause benötigen würde. Denn oftmals reibt sich Gittens auf, da er es wegen seiner Fähigkeiten meist mit zwei Defensivspielern zu tun bekommt. „Es ist für ihn nicht einfach“, so Kovač. Am Dienstag habe Gittens „auch ein wenig unglücklich gespielt.“

100 Millionen Ablöse?

Es gibt jedoch auch einen anderen Grund, warum die Dortmunder ihr Offensivtalent so schnell wie möglich wieder in die Spur bringen müssen. Gittens ist mittlerweile einer ihrer werthaltigsten Spieler. Und sollte es am Ende der Saison nicht die für erneute Qualifikation für die Champions League reichen oder sogar der Einzug in die Europa League verpasst werden, müsste ein Verkauf wohl zumindest in Erwägung gezogen werden. Denn dann könnten die ausbleibenden Einnahmen allein durch einen Transfer kompensiert werden.

Mit den Tottenham Hotspurs, dem FC Arsenal und dem FC Chelsea sollen gleich drei englische Schwergewichte an Gittens, der noch einen Vertrag bis 2028 hat, interessiert sein. Bei einem Angebot von über 100 Millionen Euro Ablöse dürfte der BVB gesprächsbereit sein. Es sind auch diese Zahlenspiele und Spekulation, die es Gittens derzeit nicht unbedingt erleichtern, den Kopf freizubekommen und wieder in die Spur zu finden.



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