
Es hat sogar ein Feuerwerk gegeben im Champions-League-Spiel von Borussia Dortmund am Mittwochabend – nur nicht von den BVB-Fußballern. Es waren die Fans von Sporting Lissabon, die zu Beginn Raketen in die Luft schossen. Die Dortmunder gaben sich anschließend mit einem freudlosen Nullzunull zufrieden, weil das nach ihrem 3:0-Sieg im Hinspiel für den Einzug ins Achtelfinale (gegen Aston Villa oder OSC Lille) locker genügte.
Dass man bei dieser Gelegenheit versucht hätte, die jüngste 0:2-Bundesliga-Niederlage in Bochum gutzumachen, 80 000 zahlende Zuschauer zu unterhalten oder auch einfach nur für sich selbst wieder ein bisschen Spaß am Fußball zu finden – Fehlanzeige. Dieser BVB hat momentan keinen Spaß und er macht auch keinen Spaß beim Zusehen. „Das war kein Feuerwerk“, gestand Sportdirektor Sebastian Kehl. Schon tags zuvor hatte der neue Borussia-Trainer Niko Kovac die verzwickte Gesamtlage in einem Dazn-Interview auf eine neue Stufe gehoben, als er über seine ersten Wochen im Klub sagte: „Das ist eine sehr delikate Aufgabe.“
Als delikat gilt eine Angelegenheit laut Duden, wenn sie „anspruchsvoll, empfindlich und mit Takt zu behandeln“ ist. Das alles trifft auf den BVB im Februar 2025 so zu. Kovac muss verunsicherten Topspielern Selbstvertrauen zurückgeben, indem er ihnen fußballerische Wege ins Glück aufzeigt. Dazu wäre allerdings hinreichendes Training vonnöten, das aufgrund einer aktuellen Vielzahl von Spielen jedoch nur sehr begrenzt stattfinden kann. „Wir haben momentan keine qualitativ guten Trainingsminuten“, beklagt Kovac. Schon am Samstagabend steht zu Hause gegen Union Berlin das nächste bedeutsame Bundesligaspiel bevor, in dem es gilt, den Rückstand auf die Europapokalplätze nicht noch größer werden zu lassen. Im derzeitigen Zustand ist ein BVB-Sieg gegen Union aber keineswegs ausgemacht.
Vier Spiele hat Dortmund nun unter Kovac bestritten und nur eines gewonnen. Dem 3:0 in Lissabon stehen das 0:0 vom Mittwoch sowie zwei Liga-Niederlagen (1:2 gegen Stuttgart, 0:2 in Bochum) gegenüber. Genau genommen konnte mit Kovac bisher sogar nur eine einzige Halbzeit siegreich bestritten werden, weil alle drei Tore in Portugal nach der Pause fielen. Dass man im Rückspiel gegen eine ambitionslose Sporting-Mannschaft, die ohne ihre besten Stürmer Viktor Gyökeres und Trincao angereist war, kein Gegentor zugelassen hat, vermeldete der Sportchef Kehl schon als Erfolg: „Wir haben ein souveränes, sehr seriöses Spiel gemacht.“
Je weiter Dortmund in der Liga von den Champions-League-Plätzen rückt, desto größer werden auch die Probleme für Kehl
Souverän findet der Duden ein „sicheres und überlegenes Auftreten und Handeln“ – aber das kann man dem BVB dieser Tage eigentlich nicht zugestehen. In der Innenverteidigung spielt der Mittelfeldmann Emre Can, weil die Fachkräfte Niklas Süle und Waldemar Anton aktuell den Ansprüchen nicht genügen. Auf dem linken Flügel hat der wertvollste Spieler Jamie Gittens (50 Millionen Euro) seit mehr als acht Stunden kein Tor mehr geschossen, auf dem rechten der 35-Millionen-Mann Karim Adeyemi in der Liga seit September keines mehr. Der Mittelstürmer Serhou Guirassy hätte am Mittwoch per Elfmeter sein elftes Champions-League-Tor dieser Saison erzielen und damit einen Vereinsrekord aufstellen können – doch er scheiterte in der 59. Minute an Sporting-Keeper Rui Silva.
„Aufgrund der Gemengelage, in der wir uns befinden, ist klar, dass die Mannschaft nicht vor Selbstvertrauen strotzt“, sagt Kehl. Dieser Zustand provoziert ein doppeltes Dilemma: Erstens droht Dortmund dadurch die Qualifikation für die Champions League der kommenden Saison zu verpassen. Zweitens drohen Spieler, die zur finanziellen Kompensation im Sommer verkauft werden könnten, an Attraktivität und Marktwert einzubüßen. Sogar Gittens macht unter Kovac keinen glücklichen Eindruck, er wurde in Lissabon und Bochum nach etwa einer Stunde und diesmal bereits zur Pause ausgewechselt. „Ich denke im Moment nicht an irgendwelche Transfers im Sommer“, sagte Kehl auf eine Frage nach drohenden Marktwerteinbußen: „Jamie ist ein Unterschiedsspieler und wir werden alles dafür tun, dass er wieder ein Lächeln bekommt, Tore schießt und Vorlagen gibt.“ Der Trainer Kovac sagt über seine Spieler: „Ich sehe, dass sie sich bemühen.“ In keinem Zeugnis gilt diese Formulierung als Lob. Im Gegenteil.