
Dortmund. Gregor Kobel trat aus dem Kabinentrakt des Dortmunder Stadions und sprach rund sechs Minuten über das gerade beendete Playoff-Rückspiel in der Champions League gegen Sporting aus Lissabon. Kurz nach dem Torwart machte auch Sportdirektor Sebastian Kehl bei den Reportern halt, um die Partie in ähnlich langer Redezeit zu analysieren. Der BVB spricht also wieder.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Nach dem 0:2 am Samstag in der Bundesliga beim VfL Bochum hatten sich die Spieler und Verantwortlichen des Klubs dem obligatorischen Austausch mit den Journalisten in der so genannten Mixed Zone verweigert, was viele Betrachter als Sinnbild für den schlechten Zustand des Vereins gedeutet hatte. Der neue Trainer Niko Kovac sah sich genötigt, die Reporter um Nachsicht zu bitten für die ungewohnte Missachtung.
Nach der Partie gegen Sporting waren die gewohnten Verhältnisse wieder hergestellt: erst sprach Kobel, dann sprach Kehl, hinter ihnen an den Wänden des Stadions waren Matthias Sammer mit Meisterschale und Marco Reus mit DFB-Pokal zu sehen, ein paar Meter weiter stand der Sporting-Bus mit laufenden Motor zur Abfahrt bereit.
Für den BVB ist es ein Erfolg, das 3:0 ins Ziel gebracht zu haben
Vier Tage nach der Blamage in Bochum hatten die Dortmunder ihre Pflichtaufgabe gegen Sporting erfüllt, nach dem 3:0 im Hinspiel genügte das 0:0 zum Einzug ins Achtelfinale der Champions League. Auf dieser erfreulichen Tatsache lag der Schwerpunkt der Analysen von Kobel und Kehl. Auch Trainer Kovac sagte bei der Pressekonferenz ein paar Etagen über der Mixed Zone: „Wir haben erreicht, was wir erreichen wollten.“ Für den BVB gilt es aktuell als Erfolg, einen Drei-Tore-Vorsprung gegen Sporting aus dem Hinspiel sicher ins Ziel gebracht zu haben.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Allerdings verpassten die Dortmunder die Gelegenheit, das Publikum nach schweren Wochen inklusive des Trainerwechsels von Nuri Sahin zu Kovac zu begeistern, verspieltes Vertrauen zurückzuerlangen und Selbstbewusstsein zu tanken für die komplizierte Mission, in der Bundesliga noch irgendwie auf die Champions-League-Ränge vorzurücken.
Der BVB überzeugte gegen das ohne jede Ambition angereiste Sporting nicht. Das spielerische Übergewicht brachte keinen Ertrag. Die beste Chance wurde zum Symbol für die durchwachsene Leistung. Nach einer knappen Stunde schoss Serhou Guirassy einen Foulelfmeter so schwach, dass Sporting-Torwart Rui Silva den Ball festhielt.
Von acht Halbzeiten unter Kovac überzeugte der BVB in nur einer
Die Atmosphäre passte zur trüben Darbietung auf dem Rasen. Abgesehen vom routiniert vorgetragenen Dauergesang auf der Südtribüne gab es praktisch keine Stimmung im ausnahmsweise nicht vollen Stadion des BVB. Erst gegen Ende, als die Fans das Lied vom „Europapokaaaaaaal“ sangen, kam ein Hauch von Champions-League-Ambiente auf.
Natürlich verweisen die Dortmunder zu Recht darauf, dass das Ziel des Abends erreicht worden war, nämlich der Einzug ins Achtelfinale, doch die Enttäuschung über den aktionsarmen Auftritt konnten sie nur unzureichend überspielen: „Es muss unser Anspruch sein, solche Spiele zu gewinnen“, sagte Kovac, und im Idealfall würde der BVB dann auch seine Zuschauer euphorisieren.
Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Da beides nicht geschah im Rückspiel gegen Sporting, muss man festhalten, dass der Trainerwechsel bislang keinen Effekt hatte. In vier Spielen unter Kovac kassierte der BVB zwei Niederlagen, holte ein Remis und einen Sieg. Von acht Halbzeiten unter dem neuen Trainer überzeugten die Dortmunder nur in einer, nämlich in der zweiten Hälfte im Hinspiel gegen Sporting, in der alle Treffer zum 3:0 fielen.
Von der Aufbruchstimmung, die ein neuer Coach normalerweise bringen soll, ist nichts zu spüren beim BVB, doch sie kann noch kommen. Im Bundesliga-Heimspiel gegen Union Berlin am Samstag (18.30 Uhr/Sky) haben die Dortmunder die nächste Gelegenheit, das Publikum zu begeistern – oder die Zufriedenheit über das Weiterkommen in der Champions League direkt wieder zu ruinieren.